Drei Rebellen im Bootcamp – ein Insiderbericht von Triprebel
Bootcamp – das klingt nach Drill, Gehorsam und Zack Zack. Genau das ist es auch. Nur viel effektiver und mit einer gehörigen Portion Spaß, denn die Accelerator Programme des Startup Bootcamps bieten Gründern und Gründerinnen die Möglichkeit, sich in nur drei Monaten die Startup-Meilenstiefel überzustreifen: Business Modelle und Unternehmens-Strukturen werden in der Bootcamp-Zeit so rasant weiterentwickelt, dass es den Teams einen Entwicklungsvorsprung von 12 Monaten gibt. Der Hamburger Carlos Borges Guimaraes Filho hat mit seinem Team Bootcamp-Luft in Amsterdam geschnuppert und ist begeistert. Carlos ist Gründer von TripREBEL, einem Hamburger Startup, das die clevere Geschäftsidee einer Hotelbuchungs-Plattform ersonnen hat, die nach der Buchung die Preisentwicklung für das gebuchte Hotelzimmer weiter beobachtet. Sinkt der Preis des Zimmers, bucht TripREBEL auf den günstigeren Tarif um. Das hat den Juroren des Startup Bootcamp Auswahlverfahrens so gefallen, dass sich TripREBEL gegen 700(!) andere Startups um den begehrten Platz beim Startup Bootcamp in Amsterdam durchgesetzt hat. Carlos hat seine Erfahrungen des dreimontigen Startup-Trip und Unternehmensgründer-Kurs-im-Schnelldurchlauf für uns aufgeschrieben. In diesem Sinne: „Move fast and break things“! Ein Gastbeitrag von Carlos Borges Guimaraes Filho.
Wie alles begann…
Wir sind alle drei Neulinge in der Unternehmensgründung, deshalb hofften wir auf eines der Accelerator-Programme, um unser Startup auf die nächste Ebene zu heben. Unser MVP war erfolgsversprechend und wir konnten bereits eine Menge wertvolle Marktdaten sammeln. Alles was noch fehlte war etwas Unterstützung, um unser Produkt erfolgreich auf dem Markt zu etablieren.
Unser Abenteuer Bootcamp begann im Oktober 2013, als wir über die Website www.f6s.com die Information zum Startupbootcamp Programm entdeckt haben. Lediglich ein paar Formulare später klickte ich senden, von da an hieß es warten und hoffen. Nach nur einer Woche wurden wir zum Startupbootcamp Pitch Day in London eingeladen, darauf folgten zwei Skype-Interviews und ein einstündiges Teaminterview in Amsterdam Ende Januar. Zwei Wochen später hatten wir dann die Einladung zu den Selection Days in der Inbox.
Während den drei Auswahltagen treffen die 20 Finalisten auf ungefähr 150 Mentoren, liefern ungelogen knapp 24 Pitches ab und erfahren am Ende, ob sie unter den 10 auserwählten Startup-Teams sind. Selbst wenn man keinen der begehrten Plätze im Startupbootcamp ergattert, bieten die Selection Days eine einmalige Gelegenheit, Mentoren kennen zu lernen und wertvolle Kontakte zu knüpfen. Doch wir hatten Glück und konnten uns gegen über 700 Mitbewerber durchsetzen – unser Platz im Accelerator war gesichert. Jetzt war erstmal Zeit zu feiern!
Doch lange feiern war nicht drin. Es folgte eine Zeit der intensiven Vorbereitungen. In nur einem Monat mussten wir eine Unterkunft in Amsterdam finden, eine Roadmap für das Programm vorbereiten, die für uns interessantesten Mentoren heraussuchen, neue Mitarbeiter einstellen und eine kleine Seed Round abschließen, um unsere Flexibilität zu gewährleisten.
Eindrücke einer neuen Stadt – Amsterdam vs. Hamburg
Manchmal merken wir gar nicht, dass wir nicht mehr in Hamburg sind. Der Hafen, die Boote… und Prinseneiland, unser Zuhause auf Zeit, ist wie eine Mini-Version der Speicherstadt. Aber Unterschiede gibt es doch zur Genüge. Was jedem Besucher Amsterdams als erstes auffällt, ist die unglaubliche Menge an Fahrrädern, die von den Straßen nicht wegzudenken sind. Nahe unserem Büro gibt es sogar eine Tiefgarage für Fahrräder.
Auch sind Holländer wesentlich offener. Die Straße ist ihr Wohnzimmer – gezwungenermaßen, denn die kleinen, engen Häuser bekommen meist nur wenig Sonnenstrahlen ab. Viele Menschen leben hier immer noch in Hausbooten. Nahe unserem Apartment entsteht gerade ein Bauprojekt ähnlich der Hafen City, und neben den modernen Wohnhäusern gibt es eine Menge Hausboote, die ebenso Teil der Wohnanlage sind. Worin die Holländer den Deutschen leider wieder ähneln, ist der sparsame Umgang mit Feiertagen. Während alle unsere Freunde am ersten Mai einen freien Tag in der Sonne genossen haben, hieß es für uns schuften. Aber für Startups sind freie Tage ja sowieso ein Fremdwort 😉
Von null auf 250km/h
Bereits während der Selection Days warnte uns Patrick, einer der Gründer des Startupbootcamp, dass das Programm zum Ziel hat, in drei Monaten das zu erreichen wofür man eigentlich 12 Monate benötigt. Anfangs schien uns das etwas übertrieben, aber inzwischen haben wir gemerkt, dass er Recht hatte. Die Hälfte unserer Zeit im Bootcamp ist jetzt um und es fühlt sich bereits an wie ein halbes Jahr.
Man nimmt hier ein bisschen die berühmte Facebook-Denkweise an, „Move fast and break things“, aber es lohnt sich definitiv!
In den ersten drei Wochen haben wir über 50 Mentoren getroffen, einige davon spezialisiert auf Bereiche wie Recht, IT, Design oder Marketing, andere waren eher allgemein aufgestellt und haben unser Produkt als großes Ganzes analysiert. Die Mentoren haben alle möglichen professionellen Laufbahnen, von Self-made-Unternehmern bis zu hohen Tieren internationaler Konzerne.
Alle unsere Annahmen werden hier ständig hinterfragt – und das ist großartig, denn so werden wir gezwungen, unser Unternehmen jeden Tag aufs Neue zu entwickeln und die riskantesten Elemente auf die Probe zu stellen. Während dem Programm entwickelt jedes Team mindestens drei alternative Geschäftsmodelle, basierend auf der Struktur von Business Model Inc.
Anschließend war es die größte Herausforderung des Teams, die einzelnen Bruchstücke und Informationen einzusammeln und daraus die Roadmap für die nächsten acht Wochen zu erstellen. Von da an zählte nur noch eins: Fortschritt, Entwicklung – und zwar schnell. Egal welche KPIs man sich gesetzt hat, Ziel war ein Wachstum von 8 bis 10% pro Woche.
Einmal Durchatmen – und Bier trinken (King’s day madness)
Und dann kam der King’s Day. Zu der Zeit gingen wir auf dem Zahnfleisch und hatten eine kurze Pause wirklich dringend nötig. Es traf sich also perfekt, dass die Niederländer zum ersten Mal in ihrer Geschichte den Geburtstag des Königs, daher King’s Day, feierten. Seit 1885 gab es in der holländischen Monarchie nur Königinnen, bis 2013 Willem-Alexander den Thron bestieg.
Die Party beginnt schon am Vorabend, die sogenannte King’s Night. Die ganze Stadt, wahrscheinlich sogar das ganze Land feierte auf den Straßen Amsterdams, an jeder Ecke standen Bühnen mit DJs und Live-Bands. Nach einer aufregenden Nacht gönnten wir uns keine Pause, am nächsten Tag ging es schon um 10.00 wieder los, um den King’s Day standesgemäß zu feiern, nämlich auf einem Boot. Begleitet von Electro-Tunes schipperten wir den ganzen Tag auf den Kanälen umher, natürlich in Orange gekleidet und mit einer Menge Bier. Hier habe ich zum ersten Mal in meinem Leben einen Boot-Stau gesehen.
Ein deutsches Startup in Holland… bringt das was?
Bevor wir uns für das Startupbootcamp angemeldet haben hatten wir nie darüber nachgedacht, ob die Niederlande uns als Startup einen Vorteil bieten können – ein gängiger Fehler unter deutschen Startups. Nach sechs Wochen ist mir klar, dass Holland perfekt ist, um Startups aus Europa auf den Markt zu bringen. Die Niederlande sind ein kleiner, aber äußerst Internet-affiner Markt in dem Englisch quasi die zweite Amtssprache ist. Die Holländer sind nicht nur experimentierfreudiger als beispielsweise die Deutschen sondern auch sehr kritisch und direkt – eine Menge konstruktives Feedback ist garantiert.
Viele amerikanische Startups nutzen die Niederlande als Testmarkt für den Start in Europa nutzen. Wir fragen uns, warum die meisten deutschen Startups diese Chance nicht ergreifen. Immerhin ist man von Hamburg aus schneller in Amsterdam als in München. Der zweite interessante Aspekt sind die Investoren. Hier konzentriert sich ein Großteil des Kapitals des Landes auf Amsterdam während man in Deutschland auf Tournee durch Berlin, München, Hamburg, Düsseldorf und Frankfurt ziehen muss, um auch nur annähernd die wichtigsten potentiellen Investoren zu treffen. Auch denken die Niederländer für mich unternehmerischer und sind eher bereit, ein Risiko auf sich zu nehmen und in ein junges Startup zu investieren.
Letztendlich ist es auch eine gute Sache, die einige Komfortzone zu verlassen. Wenn man ernsthaft plant ein internationales Startup aufzubauen, reicht es nicht, mit ein paar Ausländern in Berlin herumzuhängen. Auch ein kurzer Aufenthalt in einem anderen Land erweitert den Horizont – wir sehen unsere go-to-Market-Strategie schon jetzt mit ganz anderen Augen.
Lust aufs Bootcamp? Aktuelle Openings
Ich kann euch sowohl das Programm als auch das Land und die Stadt bedingungslos ans Herz legen. Startupbootcamp hat jetzt drei Programme geöffnet: in London dreht sich alles um „Fintech“, in Kopenhagen heißt das zentrale Thema „Mobile“ und in Berlin „Smart Transportation and Energy“. Im neuen Amsterdamer Programm im Herbst geht es um „E-commerce & M-commerce“.
Bewerbt euch einfach unter www.startupbootcamp.org und los geht die Reise!
Und ein letzter Tipp: mietet euch doch ein Boot statt einem langweiligen Büro für die Zeit in Amsterdam… veel succes!
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