MyLocalWedding – eine Familiensache wird digital
Geheiratet wird immer und überall. In Deutschland ist die Zahl der Eheschließung in den letzten Jahren wieder gestiegen und in vielen Ländern sind Hochzeiten sowieso das Familienthema Nummer 1. Das Hamburger Startup MyLocalWedding will daher mit seiner Plattform für Hochzeitsplanungen kein lokaler Anbieter bleiben, sondern Schritt für Schritt die Welt erobern.
Florentina Hysenaj hat eine wirklich große Familie. Da wären nicht nur die vier Geschwister, sondern auch noch über 40 Cousinen und Cousins, die meisten davon im heiratsfähigen Alter. Florentina stammt ursprünglich aus dem Kosovo, im Alter von fünf Jahren kam sie als Flüchtlingskind nach Deutschland und hat noch Erinnerungen an den Krieg in ihrer früheren Heimat. Der ist allerdings in der Familie längst nicht ein so großes Thema wie Hochzeiten. Alle reden ständig darüber, denn bei vielen Kosovaren sind das Heiraten und die damit verbundenen Feierlichkeiten eine enorm wichtige und auch kostspielige Angelegenheit.
Vom Hochzeitsmuffel zur Hochzeitshelferin
Manchmal fühlte sich Florentina bei den Gesprächen darüber als Außenseiterin. Sie hatte andere Interessen, zum Beispiel ihre berufliche Karriere. Wegweisend dafür war eine einjährige Tätigkeit als Werkstudentin im Digitalbereich des Verlags Gruner + Jahr für die Titel Brigitte und Gala. Das inspirierte sie dazu, sich als Webdesignerin selbständig zu machen. Die kreative Arbeit für andere machte ihr Spaß, doch langfristig wollte sie sich lieber etwas Eigenes aufbauen. Die passende Idee dafür entstand ausgerechnet bei einem weiteren Gespräch übers Heiraten im November 2017.

Eine Cousine beklagte sich darüber, dass bei der Vorbereitung auf ihre Hochzeit die Gefühlsebene zu kurz gekommen sei, was auch an der nüchternen Art der beauftragten Unternehmen gelegen habe. Florentina erkannte das Potenzial für ein erfolgversprechendes Startup und hatte schnell das passende Motto parat: „Hochzeiten sind Familiensache“. Dementsprechend schwebte ihr eine Plattform vor, auf der echte Familienunternehmen ihre Dienste rund ums Heiraten anbieten können. Zwei Wochen später besuchte sie eine Hochzeitsmesse und rannte mit ihrem Konzept offene Türen ein. Von 60 angesprochenen Ausstellern zeigten 58 Interesse.
Weitere zwei Wochen danach folgte die Ernüchtertung. Bei einem Meeting mit einigen Dienstleistern präsentierte Florentina ihre Ideen und musste feststellen, das diese in vielerlei Hinsicht an den Vorstellungen und Bedürfnissen ihrer potenziellen Geschäftspartner vorbeigingen. Ein wichtiger Knackpunkt war zum Beispiel die Preisgestaltung bezüglich der Präsenz auf der Plattform. Da hatte sie die Ausgabebereitschaft deutlich zu hoch eingeschätzt. Nach diesem Rückschlag ließ sie sich Zeit, um alles marktgerecht zu planen und vorzubereiten. Im August 2019 war es dann endlich so weit: MyLocalWedding ging online!
Sechs ist die magische Zahl bei den Anbietern
Auf MyLocalWedding können die Nutzerinnen – es sind fast ausschließlich Frauen – Anbieter in momentan 23 Kategorien wählen. Von der Brautmode über Bands und DJs bis zur Verpflegung mit Speis und Trank ist da an alles gedacht. In jeder Kategorie stehen im Idealfall nicht fünf oder sieben, sondern genau sechs Dienstleister zur Auswahl; die Zahl hat sich bewährt. Wie gesagt, liegt der Fokus auf Familienunternehmen, die übrigens in den allermeisten Fällen Frauen leiten. Auch Hochzeitsplanerinnen sind im Angebot. Sie betrachten MyLocalWedding nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung und auch als Informationsquelle.

Das ist sie für alle Nutzerinnen, denn die Auftragsabwicklung erfolgt dann nicht mehr über die Plattform, sondern individuell. Daher bekommt MyLocalWedding keine Provisionen, sondern lässt sich über einen monatlichen Festbetrag von den Partnern für seinen Service entlohnen. Das sorgt für sichere und kalkulierbare Einnahmen, schränkt aber die Wachstumsmöglichkeiten erheblich ein, erst recht durch die Begrenzung auf höchsten sechs Anbietet je Kategorie. In Hamburg, wo das Startup bisher ausschließlich aktiv ist, ist das Optimum daher bald erreicht.
MyLocalWedding war von Beginn an für internationale Märkte konzipiert
Die Zeichen stehen trotzdem auf Expansion. Da ist zunächst die App, die bereits fertig konzipiert ist und voraussichtlich im Frühjahr veröffentlicht werden kann. Angedacht sind zudem ein Onlineshop und Angebote für Junggesellenabschiede. Von Anfang an im Hinterkopf hatte Florentina die Ausdehnung auf andere Städte in Deutschland und mittelfristig weltweit, mit Schwerpunkten etwa auf dem Balkan, in der Türkei oder in Asien. In Ländern und Regionen also, in denen die Hochzeitsbudgets besonders üppig sind. Dass Heiratsvorbereitungen ein Millionengeschäft sind, beweist der Erfolg amerikanischer Unternehmen wie WeddingWire und der XO Group, die 2019 fusionierten.
MyLocalWedding ist zurzeit im Kern noch ein Ein-Frau-Unternehmen, unterstützt von Freelancern. Abgesehen von einer Förderung durch das InnoFounder-Programm der Hamburger IFB steht aus auch finanziell ganz auf eigenen Füßen. Die Suche nach Investoren, Geschäftspartnern und Mitarbeitern wird daher in nächster Zeit eine der Hauptaufgaben Florentinas sein. Die Planung ihrer eigenen Hochzeit ist dagegen aktuell noch kein Thema. Aber wenn es dann irgendwann so weit ist, wird sie sicherlich grandios.