WunderCar schließt Series-A-Finanzierung ab – Interview mit Gunnar Froh
Das Hamburger Ridesharing-Startup WunderCar schließt erfolgreiche eine Series-A unter Federführung von Blumberg Capital ab. Zu den Investoren gehören u.a. iEurope und Konstantin Sixt.
Das Startup bietet eine Plattform zur spontanen Vermittlung von Mitfahrgelegenheiten in der Stadt und machte vor Kurzem ordentlich Schlagzeilen, da es von Hamburger Behörden gestoppt wurde.
Das Wundercar Team zog sich darauf hin aus den Märkten Hamburg und Berlin zurück und lenkte seine Sales-Energie gänzlich auf den Osteuropäischen Raum. Wir haben Gründer Gunnar Froh zum Investment und den nächsten Schritten interviewt.
Zunächst einmal Herzlichen Glückwunsch Gunnar! Ihr habt erfolgreich eine größere Summe durch die Series A einsammeln können! Wofür werdet ihr das frische Kapital einsetzen?
Unser Ziel bei WunderCar ist es, den Verkehr in Städten einfacher zu machen, indem wir die Auslastung der Autos auf der Straße erhöhen. Wir konzentrieren uns auf große Städte mit unzureichendem öffentlichen Nahverkehr, wie zum Beispiel Istanbul.
Die Lösung für 20 Millionen Menschen in Istanbul ist nicht, dass jeder seinen privaten Fahrer bekommt. Stattdessen können Menschen spontan andere mitnehmen. Wir glauben, dass es in ein paar Jahren genauso normal sein wird, ein paar Kilometer bei jemandem im Auto mitzufahren wie es heute ist, den Bus zu nehmen. Nur viel einfacher und schneller.
Dafür bauen wir die notwendige Technologie und die kritische Masse an Nutzern auf. Das neue Kapital fließt in Entwicklung und Marketing. In wenigen Wochen startet WunderCar in Istanbul. Bis zum Jahresende wollen wir vor allem unsere quantitativen Teams ausbauen, also Entwicklung, Data Science und Performance Marketing und werden dafür auch ein kleines Büro in San Francisco eröffnen. Aktuell läuft ein Rebranding mit Hilfe ehemaliger Airbnb Kollegen. Es fließt also auch Geld in gutes Design und eine neue Marke.
Was hat Eure Geldgeber bewogen, bei Euch einzusteigen? Wie ist der Kontakt ursprünglich entstanden?
Wir haben seit Januar mit sehr vielen Investoren gesprochen. Ich würde sagen wir hatten ca. 80 Pitches mit Investoren an Orten zwischen Moskau und San Francisco. Sogar jemand aus Australien war dabei.

Patrick Arle von WunderCar zeigt den Gästen die App während eines Hamburg Startup Mixers. Unsere Gäste konnten sich mit einem Gutscheincode nach Hause chauffieren lassen!
Alle Gespräche sind durch Intros von Seed Investoren oder anderen Gründern entstanden. Es gab große Unterstützung, für die wir sehr dankbar sind. Nach vielen Absagen hat der Pitch irgendwann gepasst. Aus meiner Sicht ist das ein iterativer Prozess.
Irgendwann gab es das erste Term Sheet und dann hat sich das Blatt gewendet und plötzlich wollten immer mehr Investoren dabei sein. Jetzt haben wir eine richtig spannende Konstellation von von Finanz- und strategischen Investoren an Bord.
Unter den Investoren ist auch Konstantin Sixt, Vorstand der Sixt SE. Welche Möglichkeiten für Synergien bestehen durch dieses Investment mit für eine Zusammenarbeit mit seinem Unternehmen?
Konstantin Sixt hat privat bei WunderCar investiert. In der Automobilbranche steht ein großer Umbruch bevor. Geschäftsmodelle ändern sich weil weniger Menschen ein Auto kaufen. Es wird einen dramatischen Rückgang an Neuwagenverkäufen geben.

WunderCar Gründer Gunnar Froh pitcht beim Webfuture Award 2014. Der Gründer will mit seinem Team Shareconomy weiter in den Personentransport bringen. Mehr Infos zu WunderCar gibt’s hier: http://www.wundercar.org/de/
Die großen Autohersteller mit ihren riesigen Kapazitäten und langfristigen Investitionen sind darauf nicht eingestellt. Sobald die meisten Menschen nicht mehr glauben, dass sie ein eigenes Auto besitzen müssen, um flexibel zu sein oder ihren Status unter Beweis zu stellen bricht eine Industrie zusammen, die sich darauf spezialisiert hat, möglichst viele Autos zu verkaufen.
Wenn WunderCar funktioniert werden sich viele Menschen überlegen, dass sie eigentlich wirklich kein eigenes Auto brauchen. Im Mobilitätsmarkt verschiebt sich der Schwerpunkt von den Herstellern zu den Dienstleistern.
Nach Eurem Rückzug aus Hamburg, habt ihr Euch auf Ost-Europa konzentriert und die Anzahl der Buchungen gehen steil bergauf! Gründerszene schreibt, ihr zählt bereits 100.000 Mitfahrgelegenheiten in Budapest seit 2014! Woher kommt die hohe Marktpräsenz gerade in Osteuropa?
Ich glaube das hat etwas mit “Product-Market-Fit” zu tun. In Budapest ist der öffentliche Nahverkehr auf vielen Strecken nicht gut ausgebaut. Mit dem eigenen Auto findet man in der Innenstadt nur schwer einen Parkplatz. Viele Menschen haben auf eine einfachere Lösung gewartet. Gleichzeitig sind die Menschen in Budapest offen für Neues.
WunderCar wächst dort mit etwa 40% pro Monat. Warschau und Prag entwickeln sich sehr ähnlich, wachsen im Augenblick sogar schneller.
In Hamburg wurde WunderCar im letzten Jahr verboten. Gibt es dazu einen neuen Stand? Werdet ihr jemals wieder in Hamburg Touren anbieten? Vielleicht in einem anderen Ridesharing-Modell?
Als die Behörden in Hamburg im letzten Jahr angefangen haben, sich mit WunderCar zu beschäftigen haben wir uns entschieden, nicht in die juristische Konfrontation zu gehen, sondern eine politische Aufklärungsarbeit zu starten.
Wir wollen erreichen, dass per Gesetz klargestellt wird, dass man andere Menschen in seinem Auto mitnehmen und dafür auch ein paar Euro bekommen darf. Es wäre gut für Hamburg wenn in Zukunft weniger Menschen alleine durch die Gegend fahren – in den meisten Autos sitzt heute nur eine Person.
Dazu müssen klare Grenzen eingeführt werden, damit wir zwischen Mitfahren bei Privatpersonen und gewerblichen Fahrten unterscheiden können. Das ist letztlich ein Bundesgesetz.
Wir waren in den letzten Monaten häufig dazu im Bundestag und ich gehe davon aus, dass Deutschland eines der ersten Länder sein wird, dass eine Gesetzesänderung auf den Weg bringt, die Mitfahren einen klaren legalen Rahmen gibt. Politiker aus allen Parteien unterstützen unseren Ansatz und tauschen sich inzwischen über konkrete Formulierungsvorschläge aus.
Wie grenzt ihr Euch gegenüber Uber-Angeboten ab? Das Startup wächst ja ebenfalls international sehr stark?
Es gibt eine kleinen aber ganz entscheidenden Unterschied: Bei Uber werden private Fahrer vermittelt: Menschen, die auf Uber Fahrten anbieten, um Geld zu verdienen. Es handelt sich nicht um Mitfahrten. Das sieht man schon daran, dass der Gast vor Anfrage kein Ziel angeben muss. Und mit dem Versprechen, ein gutes Einkommen zu haben, werden die Fahrer ja auch angeworben.
Aus unserer Sicht ist das ein Nischenphänomen. Für die meisten Menschen kann es nicht die Lösung sein, dass jeder für seine Alltagsfahrten immer wieder einen privaten Fahrer in Anspruch nimmt. Unser Ziel ist es, spontane Mitfahrten in der Stadt zu vermitteln. Der Fahrer versucht nicht, davon zu leben. So sind unsere Fahrten deutlich günstiger und können zu einer echten Alternative zum eigenen Auto werden.
Was sind Eure nächsten Schritte mit Wundercar?
Wir wachsen sehr stark und haben noch richtig spannende technische Herausforderungen zu knacken. Unser System ist vom Marketing über die Vermittlung der Fahrten bis zur Abrechnung fast vollständig automatisiert. Hier gibt es noch unglaublich viel zu lernen und viel Optimierungspotential.
Im Januar haben wir durchschnittlich alle 10 Minuten eine Fahrt vermittelt. Aktuell etwa alle 2 Minuten. Im Dezember soll alle 30 Sekunden jemand in ein WunderCar einsteigen. Wir wollen dann in mehrere großen Städten zu einer zuverlässigen Alternative zum eigenen Auto geworden zu sein.
Stichwort Wachstum: Ihr sucht derzeit einige Fachkräfte für Eurer Hamburger Office, warum sollte man unbedingt bei Wundercar anheuern?
Bei WunderCar kommen gerade drei spannende Elemente zusammen:
1. Wir arbeiten an einem Problem, dass sehr groß ist und von dem viele Menschen profitieren können wenn wir eine Lösung finden.
2. Wir bewegen uns innerhalb eines größeren Trends; diese Entwicklung findet statt, wir können sie beschleunigen und mit prägen.
3. Wir bekommen dank unserer Investoren und unseres Netzwerks die Ressourcen, die nötig sind, um ein großes Thema mit vielen sehr guten Leuten zu bearbeiten und sinnvolle, große Experimente zu starten.
In einem solchen Umfeld möchten wir arbeiten. Wir haben eine Reihe von Stellen offen und suchen Kollegen, die Lust haben mitzumachen. Die meisten kamen zuletzt aus dem Ausland zu uns nach Hamburg: aus Frankreich, Portugal, Russland und den USA. Vielleicht ist bald auch mal wieder jemand aus Hamburg dabei!
Vielen Dank für das Gespräch!
Mehr über WunderCar im Hamburg Startup Monitor
WunderCar ist eine Mobile App, mit deren Hilfe Menschen spontan eine Mitfahrgelegenheit finden. Die Fahrer sind ausgewählte Privatpersonen, die ihr eigenes Auto sinnvoll nutzen wollen. Die Mitfahrer entscheiden nach Abschluss der Fahrt selber, wie viel sie für eine Strecke zahlen.
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