So hat plancraft die 12 Millionen aus seiner Finanzierungsrunde genutzt
Handwerk hat goldenen Boden – dieses alte Sprichwort gilt auch für das Startup plancraft, das eine Software für Handwerksbetriebe anbietet. Im vergangenen Jahr konnte plancraft in einerSerie A-Finanzierungsrunde 12 Millionen Euro einsammeln. Wir haben mit CEO Julian Wiedenhaus darüber gesprochen, wie sich das Unternehmen seither entwickelt hat und welche besondere Rolle die Firmenkultur dabei spielt.
Die Geschichte von plancraft ist die eines kontinuierlichen Aufstiegs. Er begann 2019 mit dem dritten Platz beim Wettbewerb Gründergeist, da war das Startup noch gar nicht offiziell gegründet. 2020 folgte der Sieg in der Kategorie IDEE bei den Hamburg Innovation Awards, ein Jahr später verlängerte der erste Platz beim Gunnar-Uldall-Wirtschaftspreis die Liste der Erfolge. Zu diesem Zeitpunkt waren auch schon diverse Business Angels auf plancraft aufmerksam geworden. Die erste große Finanzierungsrunde im Jahr 2022 brachte 1,9 Million Euro in die Kasse. Bisheriger Höhepunkt war 2024 dann die bereits erwähnte Runde über 12 Millionen Euro.
Das Team von plancraft hat sich mehr als verdoppelt
In der offiziellen Pressemitteilung beschrieb sich das Startup damals so: „Plancraft bietet eine Softwarelösung zur Digitalisierung von Arbeitsprozessen im Handwerk, einschließlich Rechnungserstellung, Preiskalkulation, Baustellendokumentation und Zeiterfassung. So können Handwerksbetriebe ihre Prozesse optimieren und die aktuellen Herausforderungen wie Fachkräftemangel und steigenden Bürokratieaufwand bewältigen.“ Und weiter hieß es: „Mit dem frischen Kapital möchte plancraft Europas Handwerkersoftware Nummer eins werden und über die DACH-Grenzen hinaus expandieren. Zusätzlich soll mit dem neuen Kapital das Produkt ausgebaut werden, um Handwerksbetrieben weitere Digitalisierungsmöglichkeiten zu schaffen.“

Solche Absichtserklärungen finden sich in den meisten Pressemitteilungen zu Startup-Finanzierungen, doch wie sieht die Umsetzung in der Praxis aus? Bei plancraft fällt vor allem der Zuwachs beim Team auf. Bestand das im Juni 2024 noch aus etwas mehr als 40 Personen, werden im Mai 2025 wohl die 100 erreicht. Vor allem in der Softwareentwicklung wurde das Personal kräftig aufgestockt. Nun könnte man annehmen, dass bei einem etablierten Startup wie plancraft die Software schon relativ ausgereift ist und nur graduelle Optimierungen erforderlich sind. Der alte Plan, nicht das SAP für die Handwerksbranche zu werden, sondern sich auf bestimmte Anwendungsbereiche zu konzentrieren, hat auch weiterhin Bestand.
Kundenorientierung steht im Mittelpunkt
Trotzdem gibt es immer noch viele Ansätze für Verbesserungen. Plancraft agiert da sehr detailorientiert und hat den Anspruch, noch komplexere Prozesse noch mehr zu vereinfachen. Hinzu kommt die Ausweitung des Kundenspektrums. Waren in der Anfangszeit kleine Betriebe mit höchstens zehn Mitarbeitenden die Hauptzielgruppe, ist die Software inzwischen auf Teamgrößen von bis zu 50 Personen ausgerichtet. Da kompliziert sich beispielsweise selbst so ein scheinbar banaler Vorgang wie die Urlaubsplanung.
Rund 20.000 Kunden hat plancraft bisher von sich überzeugen können. Damit es noch mehr werden, sind branchenspezifische Marketingmaßnahmen erforderlich. Dazu gehören Workshops, die sich mit für das Handwerk relevanten Themen beschäftigen. Hier tritt plancraft als Organisator auf, steht inhaltlich nicht im Mittelpunkt, kann aber zeigen, was es zu bieten hat. In der Regel lassen sich 20 bis 30 Unternehmen auf diese Weise erreichen, die sich hoffentlich überzeugen lassen und idealerweise zu Multiplikatoren werden. Das Networking ist in der Branche nicht so stark ausgeprägt, weshalb Messen und Wettbewerbe wie die Dachkrone besonders wertvoll sind. Bei diesem Deutschen Dachpreis ist plancraft Hauptpartner, das Finale 2025 geht am 16. Mai in Köln über die Bühne.

Die internationale Expansion beginnt in den Niederlanden
Expansion über die DACH-Grenzen hinaus war eines der erklärten Ziele – wobei plancraft in der Schweiz noch nicht aktiv am Markt ist. Im Gegensatz zu den Niederlanden, dem ersten nicht deutschsprachigen Einsatzgebiet des Startups. Der westliche Nachbar bot sich an, weil dort die Digitalisierung schon weit fortgeschritten ist. Die potenziellen Kunden müssen von der Nutzung von Software also nicht erst grundsätzlich überzeugt werden und stoßen online oft von sich aus auf plancraft. Die grundsätzlichen Anforderungen unterscheiden sich kaum von denen in Deutschland, nur bei rechtlichen Details oder Steuerregelungen kann es knifflig werden. Das gilt im Prinzip für die meisten weiteren europäischen Märkte, die im Visier sind.
Die Wachstumschancen sind also auch langfristig weiterhin groß für plancraft. Um sie ohne unnötige Verwerfungen wahrnehmen zu können, bedarf es klarer Prozesse und Verantwortlichkeiten im Unternehmen. CEO Julian nennt als Beispiel die Einarbeitung neuer Teammitglieder. Bis vergangenen Winter waren nur zwei Personen für den Personalbereich zuständig. Inzwischen sind es fünf, so dass sowohl Rekrutierung als auch Onboarding besser funktionieren. Das geeignete Personal zu finden war dabei gar nicht mal die größte Herausforderung.
Die Unternehmenskultur spricht für plancraft
Julian identifiziert als dafür entscheidenden Faktor die Unternehmenskultur bei plancraft. Die ist entscheidend für ein Team, in dem die Hälfte der Mitglieder weniger als ein Jahr dabei ist und daher tiefere Bindungen noch nicht entstanden sein können. Mit „Bock, Zusammenarbeit und Bodenständigkeit“ beschreibt er die Werte des Startups. Bei der letzten Weihnachtsfeier habe ihm einer der neuen Mitarbeiter gesagt, bei plancraft fühle es sich an wie auf einer Studienfahrt. Man darf gespannt sein, wie die Reise weitergeht.
Fotos: plancraft