fainin – Leihen ist das neue Kaufen
„Hamburg teilt“ – das ist das Motto des Startups fainin. Und nicht nur Hamburg, denn das Konzept einer Verleihplattform kann im Prinzip überall funktionieren. Neu ist die Idee nicht und bisherige Versuche sind gescheitert, doch bei fainin spricht einiges dafür, das es dieses Mal klappen könnte.
2012 gründete Philipp Gloeckler in Hamburg das Startup Why own it. Die Grundidee, selten gebrauchte Gegenstände wie eine Bohrmaschine nicht selber zu kaufen, sondern über eine Plattform bei Menschen aus der Nachbarschaft zu leihen, fand viel Zuspruch. Der ließ sich aber leider nicht in ausreichenden Umsatz umwandeln, Anfang 2015 musste Why own it den Betrieb einstellen. Immerhin zehn Jahre hat frents aus Berlin mit einer ähnlichen Geschäftsidee durchgehalten, dann war 2020 auch hier Schluss. Und selbst der mächtige OTTO-Konzern konnte sich mit der Vermietung seiner Produkte nicht durchsetzen. Das 2019 gestartete Projekt OTTO NOW hielt keine zwei Jahre durch.
Sharing Economy als Thema der Bachelorarbeit
All diese Misserfolgsgeschichten kennen die Köpfe hinter dem Startup fainin ganz genau. CEO Maximilian Lehmann hat seine Bachelorarbeit zum Thema Sharing Economy geschrieben, Studienkollege und CPO Johann Lissner sammelte einschlägige Erfahrungen beim Carsharing-Anbieter Drivy (heute Getaround). Dritter Gründer ist der CTO Kevin Mattutat. fainin hat schon einige Veränderungen hinter sich, seine Ursprünge liegen in Berlin und damals hieß das Startup noch PARTIRI. 2021 brachte den Durchbruch mit dem ersten Platz beim Gründerwettbewerb der International School of Management in Dortmund und einer Förderung durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt.
Offiziell gestartet ist fainin dann im August 2022 in Hamburg. Das Grundprinzip „Mieten statt Kaufen“ ist geblieben. Die Gründer sind allerdings überzeugt, dieses Mal die besten Voraussetzungen für einen langfristigen Erfolg geschaffen zu haben. Dabei könnte auch der Zeitgeist helfen. Schließlich spielt Nachhaltigkeit beim Konsumverhalten heutzutage eine viel größere Rolle als vor zehn und selbst vor fünf Jahren. Themen wie die Vermeidung von Müll oder CO2 lassen sich glaubhaft für die Vermarktung nutzen.
fainin will höchstmögliches Vertrauen schaffen
Von entscheidender Bedeutung ist es für fainin zudem, Vertrauen und Sicherheit zu vermitteln. So wird die Hemmschwelle abgebaut, wertvolle Gegenstände an Fremde zu vermieten. Wer sich etwas ausleihen möchte, muss zunächst ein Profil anlegen und sich über ein Ausweisdokument verifizieren. Bei Übergabe der Gegenstände sind Fotos zur Dokumentation des Gebrauchszustandes zu machen, ebenso bei der Rückgabe. Eventuelle Beschädigungen sind über fainin in einer Höhe bis zu 15.000 Euro versichert, leichte Kratzer fallen allerdings nicht unter diese Absicherung. Während die Versand- oder Abholmodalitäten Verhandlungssache zwischen den beiden Parteien sind und innerhalb eines gewissen Rahmens auch die Preisgestaltung, erfolgt die Zahlungsabwicklung ausschließlich über das Startup, das dafür von beiden Seiten gleichermaßen Provision erhält. Für zusätzliche Sicherheit sorgen schließlich noch eine Chatfunktion und öffentliche Bewertungen.
Ein weiterer Punkt, der über Erfolg oder Misserfolg einer Verleihplattform entscheidet, ist die Reichhaltigkeit des Angebots. Manche Geräte sind in der Nachbarschaft oder überhaupt über eine Privatperson nur schwer zu bekommen. Deshalb können auch professionelle Anbieter über fainin ihr Geschäft abwickeln. Ein Beispiel dafür ist das Potsdamer Unternehmen Rentbox, das Lautsprecheranlagen, Lichttechnik und einiges mehr für die Party im großen Stil auf Lager hat. Die Nachfrage nach solchen Produkten ist groß, ebenso nach Kameras, Drohnen oder Beamern. Durch die Kooperationen mit Verleihunternehmen macht fainin auch noch zum Dienstleister in Sachen Software, die für die Geschäftsabwicklung erforderlich ist.
Communities sollen das Wachstum beschleunigen
Eine weitere Besonderheit von fainin ist die Bildung von Verleih-Communitys. Als Zielgruppe haben die Gründer vor allem Studierende ausgemacht, deshalb ist es kein Zufall, dass die ersten Communitys an der Technischen Uni München und an der Universität Hamburg entstanden sind. Aber auch für Belegschaften größerer Unternehmen oder die Mitglieder von Vereinen könnte das interessant werden. Wenn sich der Community-Gedanke durchsetzt, führt das unweigerlich zu einer erheblichen Steigerung von Reichweite und Angebot. Allein die Uni Hamburg zählt weit mehr als 40.000 Studierende.
Eine rege Beteiligung ist Voraussetzung, um dem Anspruch „Find anything in your neighbourhood“ gerecht zu werden, der sich abgekürzt und leicht abgewandelt im Namen fainin wiederfindet. Außerdem ist er noch inspiriert von dem etwas altmodischen englischen Wort „fain“, was „gern“ bedeutet. Gern investiert haben bisher einige Business Angels, und zwar 225.000 Euro. Einen um ein Vielfaches höheren Betrag, nämlich 41 Millionen Euro, zahle im vergangenen Jahr das schwedische Unternehmen Hygglo für den UK-Mitbewerber Fat Llama. Beides sind Verleihplattformen. Vielleicht ein hoffnungsvolles Indiz, dass es mit diesem Geschäftsmodell endlich auch in Deutschland klappen könnte.
Fotos: fainin