Graylog – ein Hamburger Startup in Texas
Seinen Hauptsitz hat das IT-Unternehmen Graylog im texanischen Houston, doch seine Wurzeln liegen an Elbe und Alster. Also definiert es sich auch immer noch ein bisschen als Hamburger Startup. Wir begleiten den Gründer Lennart Koopmann noch einmal bei seinem Sprung über den Atlantik.
2004 kam Lennart Koopmann aus Bremervörde nach Hamburg, um hier seinen Zivildienst zu leisten. Programmieren hat ihn schon immer interessiert, also machte er anschließend eine Ausbildung zum Fachinformatiker. Mit Jimdo und Xing fand er in der Folge zwei Arbeitgeber, die die Hamburger Digitalwirtschaft prägten und eine gute Schule für die weitere unternehmerische Karriere boten.
Graylog begann als Open Source-Nebenprojekt
Schon während seiner Zeit bei Jimdo arbeitete Lennart an einem Open Source Projekt namens Graylog, das er in seiner Freizeit immer weiter entwickelte. Dabei bediente er sich des zu der Zeit besonders populären Webframeworks (Programmiergerüsts) Ruby on Rail. Immer populärer wurde auch Graylog. Es mehrten sich Anfragen von Unternehmen, die Beratung benötigten, darunter sogar internationale Schwergewichte wie Disney.
Deshalb gründete Lennart 2013 Graylog offiziell als eigenes Unternehmen. Von Beginn an erhielt das Startup finanzielle Unterstützung, unter anderem vom High-Tech Gründerfonds. Auch ein kleines, aber schlagkräftiges Team stand gleich zur Verfügung, basierend auf Mitgliedern aus der Open Source-Community. Die Zentrale war damals ein Mini-Büro in der Gertrudenstraße in der Innenstadt.
2014 stand bei Graylog ganz im Zeichen von Wachstum. Bis Mitte des Jahres war das Team auf gut 10 Personen angewachsen, und um die Software endgültig marktreif zu bekommen, waren Millioneninvestments erforderlich. Da kamen auch, unter anderem von SAP-Mitgründer Hasso Plattner und dem amerikanischen Mercury Fonds. Den meisten Einfluss hatte allerdings der aus Israel stammende und in Houston lebende Investor Moshe Bar. Er inspirierte das Startup dazu, in die texanische Metropole zu ziehen.
Texas, die günstigere Alternative zum Silicon Valley
Texas gilt längst als neue Startup-Hochburg, nicht zuletzt, weil in San Francisco und im Silicon Valley die Preise ins Astronomische gestiegen sind. Houston ist da noch vergleichsweise günstig und 2015 war das erst recht der Fall. Fähige Fachkräfte zu finden war auch kein großes Problem, und so konnte Graylog seine Umsätze in der Folgezeit Jahr für Jahr jeweils mehr als verdoppeln. Im Juni 2021 schloss das Unternehmen seine bisher größte Finanzierungsrunde in Höhe von 18 Millionen US-Dollar ab. Der gesamte Funding-Betrag nähert sich der 30 Millionen-Marke.
Mittlerweile hat das Team rund 100 Mitglieder auf zwei Kontinenten, davon 30 in Deutschland und davon wiederum die meisten in Deutschland. Am kompliziertesten erwies sich im Laufe der Jahre die Besetzung der Position des CEO. Lennart sieht sich selbst als CTO, musste aber immer wieder die Führung übernehmen, da mehrere Kandidaten sich nur als Übergangslösungen erwiesen. Andy Grolnick, viele Jahre Chef bei der auf IT-Sicherheit spezialisierten Firma LogRhythm, soll den Posten jetzt langfristig besetzen.
Sicherheit ist auch eines der Gewinnerthemen von Graylog. Grundsätzlich kümmert sich das Startup um die Verwaltung von Logdateien. Diese protokollieren praktisch alle Aktivitäten in einem Computersystem. Da kommen schnell enorme Datenmengen zusammen. Richtig unübersichtlich wird es, wenn die Dateien nicht nur auf einem, sondern einer ganzen Reihe von Servern gespeichert werden. Schon bei mäßig komplexen Vorgängen ist das regelmäßig der Fall.
Das große Thema ist Sicherheit
Graylog hilft nun dabei, diese Daten zusammenzuführen, zu ordnen und auszuwerten. In gewisser Weise funktioniert die Software wie ein Google für Logdateien. Als Open Source-Produkt ist die Basisversion nach wie vor kostenlos. Lennart schätzt die Zahl der Anwendungen auf 60.000 weltweit. Für detailliertere Auswertungen gibt es eine kostenpflichtige Enterprise-Version und für die Verwaltung eine eigene Cloud. Wer besonderen Wert auf Datenschutz legt, kann die Cloud auf europäische Server beschränken oder Graylog nur auf dem eigenen System laufen lassen.
Die Analyse von Logdateien wird immer dann relevant, wenn irgendetwas schiefgeht. Das können ganz banale Unregelmäßigkeiten bei alltäglichen Prozessen sein, vor allem aber Fragen der Sicherheit. Wie kam es zu einem Hackerangriff, wer steckte dahinter und wie lässt sich so etwas in Zukunft verhindern? Die Suche nach Antworten erleichtert Graylog, ein Hauptgrund für das stabile Wachstum. Auch für 2022 ist wieder eine Umsatzverdoppelung angepeilt, das Team könnte Ende kommenden Jahres schon 150 Köpfe zählen.
Ist Graylog inzwischen ein rein amerikanisches Unternehmen, oder steckt noch viel Deutschland darin? Die Softwareentwicklung findet zu einem erheblichen Teil nach wie vor hierzulande statt. Amerikanische Kunden wissen das zu schätzen, trotz unseres Nachholbedarfs in Sachen Digitalisierung hat Ingenieurskunst made in Germany in den USA immer noch einen guten Ruf. Deutsche Kunden wiederum vertrauen auf die stärkere Sensibilität in Sachen Datenschutz und zugleich auf eine international etablierte Marke. Die Kombination Hamburg-Houston bietet eben viele Vorteile.
Bilder: Graylog