Mythos Silicon Valley – wie Hamburger Startups in den USA Erfolg haben können
Für viele gilt das Silicon Valley nach wie vor als das gelobte Land der Digitalwelt. Aber was ist dran an dem Mythos, und wie können Hamburger Startups in den USA Fuß fassen? Antworten auf diese Fragen gab es am Mittwoch bei einer Veranstaltung in der Handelskammer Hamburg. Wir fassen die wichtigsten Punkte zusammen.
Spätestens seit dem Goldrausch von 1849 ist Kalifornien ein Magnet für Glücksritter und Visionäre aller Art. Im 20. Jahrhundert wurde Hollywood zum Synonym für den amerikanischen Traum, in jüngster Zeit kam das Silicon Valley hinzu. Dabei begann der Aufschwung der Region südlich von San Francisco bereits in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Treibende Kräfte waren die heute noch federführende Stanford University und eine inzwischen nicht mehr genutzte Militärbasis, um die herum sich viele Unternehmen ansiedelten, die nicht nur in Sachen Luftfahrttechnik Vorreiter waren. High-Tech wurde dort zum treibenden Wirtschaftsfaktor.
In den USA sitzt das große Geld
Die Liste der Weltunternehmen, die in diesem Klima entstanden, ist wahrhaft beeindruckend. Apple. Google, Amazon, Facebook, Tesla und viele mehr gehören dazu. Kein Wunder, dass es zahlreiche Gründerinnen und Gründer aus aller Welt an die Westküste und in die USA insgesamt zieht. Irgendetwas muss doch dran sein am „American Spirit“. Andrea Diewald von der Deutschen Auslandshandelskammer (AHK) New York konnte bei ihrem Vortrag bestätigen, dass das Silicon Valley mehr ist als nur ein Mythos, und gab wertvolle Tipps für den Eintritt in den US-Markt.
Zuerst einmal ein paar Daten und Fakten: 2017 verteilten amerikanische Investoren 65,4 Milliarden US-Dollar an Startups, davon kamen 33,5 Milliarden Dollar aus der Gegend rund um San Francisco. Das Jahresdurchschnittseinkommen liegt dort über 90.000 US-Dollar, selbst Praktikanten bekommen bei den Internetgiganten bis zu 8.000 US-Dollar und mehr im Monat. Dem gegenüber stehen exorbitante Lebenshaltungskosten. Der Wettbewerb ist gnadenlos, hohe Risikobereitschaft trifft auf das Prinzip „Hire and fire“. Um dort als Neueinsteiger aus Deutschland bestehen oder überhaupt wahrgenommen zu werden, sollte man sich auf sein amerikanisches Abenteuer gut vorbereiten. Hier sind einige der wichtigsten Tipps.
Sei gut vorbereitet
Die Amerikaner geben sich zwar betont locker, bei einigen Dingen verstehen sie aber keinen Spaß. Wer länger als 90 Tage in den USA bleiben möchte, sollte sich rechtzeitig um ein Visum kümmern, sonst könnte es ein böses Erwachen geben. Um auch sonst in juristischen Fragen nicht auf die Nase zu fallen, ist dringend angeraten, frühzeitig rechtsanwaltschaftlichen Rat einzuholen. Gut vorbereitet sein bezieht sich natürlich auch das eigene Startup mit all seinen wichtigen Daten und Fakten. Die sollte man in- und auswendig kennen und jederzeit in folgendem 30-Sekunden-Pitch zusammenfassen können:
„My company is a (Definition) that provides (Leistungen nennen) to (Zielgruppe) in (Markt). Our (Besonderheit/USP) provides (Vorteil A) and (Vorteil B). I started this business, because (persönliches Motiv), and we do it better than anyone else.“ Natürlich muss das nicht wortwörtlich so formuliert sein, aber auf jeden Fall die genannten Elemente enthalten. Bei einem längeren Pitch ist es übrigens durchaus üblich, neben den gängigen Informationen zur Geschäftsidee und den wichtigsten Kennzahlen auch seine Ziele genau zu benennen. Wer Geld will, darf das auch aussprechen.
Kenne die kulturellen Unterschiede
So direkt mit der Tür ins Haus fallen ist in den USA allerdings nicht immer angebracht. Amerikaner finden schnell etwas „awesome“ und sagen „I love it!“, aber das ist eher eine Form der Höflichkeit als echte Begeisterung oder gar der Beginn einer wunderbaren Geschäftsbeziehung. Umgekehrt gilt zu direkt geäußerte Kritik als rüde. Besser ist da die Sandwich-Methode. Zuerst kommt eine dicke Schicht Lob. Dann eine kleine Anmerkung, was vielleicht besser gemacht werden könnte, gefolgt von einem erneuten abschließenden Lob. Wichtig ist, den dazwischen etwas versteckten Kritikpunkt zu entdecken und aufzunehmen.
Kulturelle Unterschiede gibt es auch in anderen Bereichen. Viele Klischees treffen zwar nicht auf jeden zu – egal von welcher Seite des Atlantiks man kommt -, aber haben grundsätzlich ihre Berechtigung. So ist den USA die Risikobereitschaft allgemein höher als gerade in Deutschland, und Scheitern wird als Chance begriffen. Dieser Optimismus zeigt sich auch in einer großen Technikbegeisterung und einem Denken in großen Dimensionen. Vermeintlich typisch deutsche Bedenkenträgerei ist dagegen weniger verbreitet. Dem Wunsch, erst mit einem perfekten Produkt auf den Markt zu kommen, steht die amerikanische Version von Versuch und Irrtum gegenüber. Lieber machen, testen und verbessern.
Knüpfe persönliche Kontakte
Amerikaner machen am liebsten Geschäfte mit anderen Amerikanern. Oder zumindest mit Menschen, denen sie persönlich begegnet sind. Deshalb empfiehlt es sich, zumindest für den Vertrieb Mitarbeiter vor Ort zu haben, auch wegen der Zeitverschiebung. Für die Programmierung ist das nicht erforderlich, die ist in anderen Ländern günstiger zu haben. Entscheidend ist dagegen der Aufbau eines Netzwerkes. Wer neu in den USA ist, sollte jede Gelegenheit nutzen passende Events zu besuchen. Wenn die Möglichkeit besteht, die Gästeliste vorher einzusehen, dann sollte man sich seine bevorzugten Gesprächspartner vorher heraussuchen. Liebe zwei bis drei wertvolle Kontakte als 50 nutzlose. Ins Gespräch kommt man in Amerika übrigens viel leichter als in Deutschland, wo oft geschlossene Runden zusammenstehen. Und hinterher unbedingt dranbleiben, auch über soziale Medien wie Twitter und LinkedIn. Kleiner Tipp am Rande: Auf erhaltene Visitenkarten, immer eine persönliche Notiz zur Person machen (zum Beispiel „hat Kinder“), das erleichtert die spätere Ansprache.
Wer einmal in die amerikanische Startup-Welt hineinschnuppern möchte, kann das mithilfe des Programms STEP USA, tun, das die AHK veranstaltet. Karl Rabe von der Windcloud GmbH berichtete von seinen Erfahrungen, die er bei einer Reise nach New York im Dezember 2017 gemacht hat. Sowohl die Stadt als auch das fünftägige Programm mit seinen Workshops, Investorentreffen und vielem mehr haben ihn beeindruckt. Karl hatte den Trip auf der CeBit gewonnen. Normalerweise kostet er für zwei Personen 3.000 Euro, ohne Flüge und Unterkunft.
Die Handelskammer hilft bei Internationalisierung
Zum Abschluss gab es noch einen Überblick über die Unterstützungsangebote, die die Handelskammer Hamburg bei der Internationalisierung macht. Die alle aufzulisten würde hier zu weit führen, aber Hamburg ist sowohl über Repräsentanzen an wichtigen Standorten als auch über Ambassadoren überall auf der Welt gut vernetzt. Und das Fazit des Abends: Das Silicon Valley und die USA sind kein Mythos, sondern zuweilen harte Realität, die aber mit ihrer Dynamik, ihrem Optimismus und nicht zuletzt ihrer Wirtschaftskraft fasziniert und inspiriert. Hin da!
Beitragsbild: Andrea Diewald mit Doreen Hotze von der gastgebenden Handelskammer Hamburg