Spherie – eine Hamburger VR-Drohne in Texas
Sie kamen nach Texas, um zum 360°-Rundumschlag auszuholen – mit der VR-Drohne Spherie wollte SpiceVR beim SXSW Accelerator das Erbe von Tinnitracks antreten und der Hamburger Startup-Szene einen weiteren Triumph bescheren. Zum Sieg hat es zwar nicht ganz gereicht, aber die Finalteilnahme an sich war schon ein toller Erfolg – und die Reise über den großen Teich bot eine Fülle an unvergesslichen Begegnungen und Erlebnissen.
Texas – da denken viele an Cowboyhüte, Intrigen unter Ölbohrturmen und ein eher rückständiges Weltbild. Das wird dem US-Staat natürlich so nicht gerecht, schon gar nicht vom 11. bis 20. März, wenn Austin mit der South by Southwest (SXSW) das wohl größte Multimedia-Festival der Welt ausrichtet, das seit einigen Jahren auch ein Muss für Startup-Fans ist. Einer der zahlreichen Programmpunkte ist der „SXSW Accelerator“, für dessen Ausgabe 2016 sich über 470 Startups beworben hatten.
Virtual Reality – ein Top-Trend in Austin und Hamburg
48 von ihnen haben es schließlich ins Finale geschafft, verteilt auf sechs Kategorien. Und während im letzten Jahr die „Health“-Sparte aus Hamburger Sicht im Mittelpunkt stand – mit der Sonormed GmbH und Tinnitracks als strahlendem Sieger – richtete sich das Augenmerk diesmal vor allem auf das Segment „Virtual Reality Technologies“. Erstmals im Programm, richtet sich diese Kategorie an eine Branche, der schon länger eine große Zukunft vorhergesagt wird und die dieses Jahr den großen Durchbruch schaffen soll. Das spürte man auch auf der SXSW, wo einem VR buchstäblich an jeder Straßenecke begegnete. Mittendrin natürlich auch ein Startup aus Hamburg: SpiceVR.
SpiceVR präsentiert Spherie, die erste 360° VR-Drohne ihrer Art, die Nicolas Chibac gemeinsam mit dem Drohneningenieur Jonathan Hasselbarth entwickelt hat. Sie vereint modernste Drohnen- und Virtual Reality-Technologie auf einzigartige Weise miteinander. Durch die integrierte Technik ist es möglich, sphärische 360° VR-Aufnahmen ohne störende Elemente im Bild zu erzeugen. Das war bisher nicht möglich, denn die eingesetzten Kameras fingen auch Filmcrew, Equipment und Teile der Drohne selbst ein, was in der Postproduktion herausgeschnitten werden musste. Spherie wurde von der ersten Schraube an so konzipiert, dass nahtlose 360° VR-Aufnahmen möglich sind. Durch ihre spezielle Konstruktion fliegt Spherie zudem komplett vibrationsfrei und liefert somit saubere 360° VR-Filme.
Eine tolle Erfindung also, die nicht nur im Entertainmentbereich, etwa bei Sport- und Musikevents, eigesetzt werden kann, sondern auch für die 3D-Vermessung in Katastrophenschutz, Sicherheit, Bauwesen und Stadtplanung. Aber hat das die Jury auch so sehen? Am Nachmittag des 12. März kam dann die Stunde der Wahrheit. Der Pitch von Nicolas lief gut, aber die Konkurrenz war stark, darunter mit Splash aus Berlin ein weiterer deutscher Teilnehmer.
Und dann das Ergebnis: Für die Top 3, die das endgültige Finale am Sonntag bestreiten dürfen, hat es leider für Spherie nicht ganz gereicht. Splash dagegen meisterte diese Hürde und durfte am Ende sogar den Sieg mit nach Hause nehmen. Unsere herzlichen Glückwünsche gehen also nach Berlin! Aber woran hat es nun gelegen, dass Spherie nicht wie erhofft abheben konnte?
Eine Juryentscheidung, die nicht jeder verstanden hat
Schwer zu sagen, Juryentscheidungen sind manchmal nicht ganz nachzuvollziehen. Die Stimmung war nach dem Ausscheiden jedenfalls zunächst ziemlich getrübt. Den Pitch hatte SpiceVR nicht gewonnen, und auch keiner der persönlichen Favoriten hatte es in die nächste Runde geschafft. Der Abend sollte bei Harald Neidhardt, dem Gründer von MLove ausklingen, der zugleich ein Freund und wichtiger Kooperationspartner ist. Und manchmal meint es das Schicksal dann doch noch gut: Beim Verlassen des Festivals trafen die Brüder Rico und Nicolas Chibac von Spherie auf Monty Munford, seines Zeichens einer der beiden MCs des Interactive Wettbewerbs und außerdem Jurymitglied.
Zuerst entschuldigte er sich für das Resultat der Pitching-Runde und verriet, dass er für SpiceVR gestimmt hatte und über das Ausscheiden sehr unglücklich wäre. Aber nicht nur das: Er versprach, einen Artikel über SpiceVR und Spherie im Forbes Magazine zu veröffentlichen, da er sehr viel Potential in der 360° Filmdrohne sieht. Dieses Versprechen betonte er noch mehrmals – und plötzlich fühlte sich die Niederlage gar nicht mehr so sehr nach Niederlage an.
Erst recht nicht, nachdem der Juror Dylan Flinn (Director of Investments bei Rothenberg Ventures) mit folgenden Worten auf Spherie zugekommen war: „Ihr hättet die Drohne fliegen lassen sollen – dann wärt ihr sicher im Finale gewesen. Ihr müsst lernen, Regeln zu brechen.“, meinte er. Das war natürlich umso ärgerlicher, da es tatsächlich der Plan gewesen war, die Drohne fliegen zu lassen. Allerdings wurde dies im Vorfeld durch das SXSW Komitee ausdrücklich aus Sicherheitsgründen untersagt. Die Ansage lautete ganz klar: Lasst ihr die Drohne fliegen, ist der Wettbewerb für euch an dieser Stelle sofort beendet. Egal, was nun stimmt, das Fazit der beiden lautet so:
Beim nächsten Mal lassen wir unsere Drohne fliegen und werden damit endgültig jeden überzeugen. Bereits unsere VR-Filme haben für offene Münder gesorgt. VR ist gerade am Anfang, und es ist ein riesiger Spaß, ganz vorne mitzuwirken und Content und Technik maßgeblich mitzugestalten. Umso schmerzhafter war es natürlich, nicht ins Finale zu kommen – das tat richtig weh. Aber das gehört dazu, ganz nach der Devise: Entscheidend ist nicht, wie oft man fällt, sondern wie oft man wieder aufsteht.
Zeit, Trübsal zu blasen und einsam in der Ecke zu sitzen, hatten Nicolas und Rico sowieso nicht, denn wer mit einer Drohne unterwegs ist, wird ständig angesprochen, das läuft besser als mit einem süßen Welpen. Hier ein paar Zitate von vielen: „Wow this is a million, if not billion dollar prototype – nice to give you a ride!“ (Uber-Fahrer des weltweit einzigen operierenden Hummer H2). „We were looking for exactly this, this is a gamechanger, I want it“ (Cory Key, Discovery Channel). „Can you send your drone to the clubs to check the girls in all directions? Lets call it chicks checker.“ (bleibt besser ungenannt…)
Tolle Kontakte auch dank der Welpen-Drohne
Die vielen Kontakte, die das Spherie-Duo knüpfen konnte, lassen sich kaum alle aufzählen. Unter anderem waren das Chris Milk, den sie eine Woche später sogar bei VRSE in L.A. besuchen durften, GoPro, Discovery Channel, die die Drohne am liebsten gleich mitgenommen hätten um mit ihr zu shooten, Sony, die sie nach San Francisco eingeladen haben, Disney, River und zahlreiche weitere.
Auch deutsche Firmen stehen erstaunlicherweise auf der Liste, z.B. Lufthansa und Bayersdorf. Anscheinend ist es leichter, mit Topleuten von DAX–Unternehmen ins Gespräch auch über gemeinsame Projekte zu kommen, wenn man ganz entspannt in Shorts und mit einem Drink in der Hand an der Bar steht und eine Konzert-Tour durch Austin plant. SXSW bot den Spheries eine so noch nicht erlebte Atmosphäre, angenehm und inspirierend, da könnten sich deutsche Events gern etwas von abschauen, meinen die Jungs.
Die Presse war natürlich auch reichlich vor Ort. Mindestens zehn Interviews haben sie geführt, mit durchweg positivem Feedback, wie sie erzählen:
Für uns war das eine aufregende Erfahrung – Interviews geben wir schließlich nicht jeden Tag. Die Interviewpartner waren allesamt freundlich und sehr interessiert an unserer Arbeit, weshalb die Gespräche auch richtig Spaß gemacht haben.
An der Bar der Soundtüftler von Star Wars
Und dann gab es auch die Begenungen der ganz besonderen Art, zum Beispiel diese: Rico bestellt sich in der Entrepreneurs Lounge im Fogo de Chao einen Drink. Der Herr neben ihm fragt, was er denn da bestellt habe. „Einen Moscow Mule…“ Daraufhin der Herr: „Was, den haben die hier? Supercool, mein Lieblingsdrink!“ und ordert diesen drei Mal und dazu ein Wasser. Er fragt Rico, ob er ihm helfen kann, die Drinks zu seinem Tisch zu bringen. Klar, kein Problem. Und so bringt Rico die Gläser mit zum Tisch, quatscht noch ein bisschen und plötzlich stellt sich heraus, dass der nette Herr für Disney arbeitet und zudem maßgeblich für das Sounddesign des neuen Star Wars Films verantwortlich ist. Bäm! Das passiert einem auch nicht alle Tage.
Ordentlich was los also in Austin, auch wenn der Großteil der entscheidenden Ansprechpartner definitiv in L.A. und San Francisco zu Hause ist, bei Netflix, GoPro oder Google. Gerne hätten die Jungs auch noch mehr Kontakte zur amerikanischen Musikbranche gemacht – ihr Clip für Robin Schulz war schließlich bahnbrechend -, aber immerhin haben sie das Model Amber Rose im German Haus getroffen. Und in Los Angeles dann Martin Brem, Head of Audio Portfolio für Red Bull Media House. Kurzfristig waren sie in die Redbull Media House US Zentrale eingeladen worden, wo sie weitere Topmanager kennenlernen durften.
Wenn man schonmal in Texas, sollte man auch zum Rodeo. Als absolute Newbies inklusive „My First Rodeo“ Sticker auf der Brust landeten Nicolas und Rico dank der Topkontakte von Sanja Stankovic (Hamburg Startups) im Founders-Club. Der aktuelle und der zukünftige Präsident des Austin Rodeo Committee hat sie dann zum Bier eingeladen und ihnen sogar seinen eigenen Austin-Rodeo-Goldpin angesteckt.
Ein letzter SXSW-Wunsch noch von Nicolas? „Ich habe noch niemanden von Sony getroffen, Sony wäre auch super, Playstation VR, bauen Topkameras, …“ Kein Problem, fünf Minuten später läuft er im German Haus dem charismatischen Director Growth Ventures & Innovation von Sony, Bhat Ramanath, in die Arme, und die beiden unterhalten sich angeregt über die Drohne, Venture Capital und Silicon Valley.
Zeit und Gelegenheit für Rico und Nicolas Danke zu sagen, und da wir hier nicht bei den Oscars sind, kann das ruhig etwas ausführlicher ausfallen:
Danke sagen möchten wir sehr vielen Menschen, die uns unterstützt haben und ohne die all das nicht möglich gewesen wäre:
Vielen, vielen Dank an May-Lena Signus vom NextMedia StartHub. Hätte sie uns nicht zur Einreichung gedrängt, hätten wir diese großartige Chance nie wahrgenommen. Ganz kurz vor Einreichschluss haben wir über May-Lena erst von der Hamburger Ausschreibung gehört. Vor und während der SXSW hat sie uns immer unterstützt.
Dank auch an Veronika Reichbboth von next media für die Unterstützung im Vorfeld und während der SXSW; darüber hinaus für die Einladungen und Möglichkeiten, uns bereits in Hamburg auf den HH IT Strategietagen und dem NewTV Kongress präsentieren zu können.
Ein riesiges Dankeschön an Sanja Stankovic von Hamburg Startups. Man könnte fast meinen, sie hat die SXSW mitgegründet, so gut ist sie vor Ort vernetzt. Ihre Topkontakte und Eventplanung waren Gold wert. Dank auch für die Hilfe schon im Vorfeld von Sina Gritzuhn von Hamburg Startups und die parallel unsere Kollegen auf die Cebit begleitet hat.
Danke an die Stadt Hamburg für die gebotenen Möglichkeiten. Im German Haus war richtig was los, das hätten wir uns Deutschen gar nicht zugetraut.
Ein Dank geht auch an die Hamburger Handelskammer und das Rathaus, die wir so kurzfristig noch mit unserer Filmdrohne besuchen durften. So entstanden einmalige Aufnahmen im Festsaal und Börsensaal, die die Amerikaner sehr beeindruckt haben.
Danke an EY und XING, die das gesamte Hamburger Startup Programm unterstützen, von dem wir mit Freya Oehle von Spottster und Pierre Maniere von Cybus ebenfalls sehr profitiert haben.
Ein großes Danke an Harald von MLove, unser Man in Red, immer und überall vor Ort – ein Topman, der immer weiß, was wo abgeht.
Danke an Evelyn Sieber vom Reeperbahn Festival – danke für die Getränkemarken und vor allem dafür, dass du uns ein Dach über dem Kopf auf der SXSW gesichert hast, eine der größten Herausforderungen bei diesem Festival. Danke auch an Timo Wiesmann von der IHM, der mit Evelyn und Sanja die ganze Hamburger Präsenz mit organisiert hat.
Ein großes Dankeschön an Mr. McMunchford – Thank you very much, we are looking forward for the upcoming Forbes Magazine!
Dank auch an Sacha Tueni, unser Mann in San Francisco, der Gott und die Welt kennt und mit seiner lockeren Art jeden Wunschkontakt hervorzaubert.
Außerdem möchten wir Hayder Biyik von CopterProject danken, der uns immerzu tatkräftig unterstützt hat.
Danken möchten wir auch allen Kolleginnen und Kollegen, die gefühlte 25 Stunden pro Tag geplant und organisiert haben sowie unseren Familien, die immer für uns da waren. Danke an alle Freunde und Fans, die uns mit Worten und Taten geholfen haben. Ohne all diese tollen Menschen wäre das hier nie möglich gewesen.
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