foodnav – die Datenbank für bewusste Ernährung
Immer mehr Menschen vertragen bestimmte Inhaltsstoffe von Lebensmitteln nicht oder wollen auf diese im Sinne einer gesunden Ernährung verzichten. Zudem steigt die Zahl derer, die sich vegetarisch oder vegan ernähren. In all diesen Fällen ist der Informationsbedarf groß. Alexander Wolff vom Hamburger Startup foodnav erklärt uns im Interview, wie seine Plattform da helfen kann. Eine neue Folge unserer Reihe Spot on: Food & Health.
Hallo, liebes foodnav-Team! Könnt Ihr Euch bitte kurz vorstellen?
Wir sind ein Startup aus Hamburg, das als Nebenprojekt aus dem Team von eTest.de entstanden ist. Wir sind Horst (Geschäftsführer), Alex (Projektmanager), Yasmin (Marketing & Konzeption) und Karin (Redaktion).
Was genau ist die Idee von foodnav und wie seid Ihr darauf gekommen?
Horst und ich saßen Mitte 2014 auf einer Veranstaltung zusammen und unterhielten uns darüber, wie schwer es ist für ihn als Vegetarier und mich, der unter verschiedenen Unverträglichkeiten leidet, passende Produkte zu finden. Mit den bestehenden Lebensmitteldatenbanken und Apps, die einem helfen wollen, waren wir nicht zufrieden, da die Daten ja meist durch eine Community erhoben werden und daher weder aktuell noch genau sind. Das wollten wir besser machen.
Welche Hilfestellungen können Menschen mit Lebensmittelunverträglichkeiten von Euch erwarten?
Unsere Zielgruppe sind ja eigentlich nicht nur Menschen mit Lebensmittelunverträglichkeiten, sondern auch Veganer, Vegetarier und jeder, der sich bewusst ernährt. Wir werden in Zukunft z.B. auch Daten zu Umwelt- und anderen Gesundheitsfaktoren aufnehmen, die mit Lebensmitteln zusammenhängen.
Der User kann dann in unserer App ab Mitte des Jahres sein individuelles Ernährungsprofil abspeichern. Wenn er dann den Barcode eines Produkts scannt, bekommt er angezeigt, ob das Produkt zu seinem Profil passt oder nicht. Und das mit einer größtmöglichen Zuverlässigkeit.
Zu vielen Zutaten haben wir zudem Zusatzinformationen aus verschiedenen Quellen gespeichert, die z.B. erklären, warum der Fruchtsaft denn jetzt nicht vegan ist. Wir sammeln ansonsten auch Statements von Verbänden und Organisationen zu bestimmten Zutaten oder Produkten und auch Testberichte.
So stehen z.B. bestimmte E-Stoffe in Verdacht Krebs oder Allergien auszulösen. Produkte mit solchen Zutaten kann man dann automatisch ausfiltern lassen, wenn man möchte.
Im Gegensatz zu anderen Datenbanken dieser Art arbeiten wir nur mit zuverlässigen Daten aus Quellen wie ecoinform. Möglichst bald wollen wir auch Daten von 1WorldSync einbinden, mit denen wir schon Vorgespräche geführt haben, so dass wir dann einen Großteil des deutschen Lebensmittelmarktes abdecken können. Die Daten lesen wir aus und reichern sie mit Daten aus unserer Datenbank an. Da haben wir z.B. Daten zu Zutaten, Herstellern, Gütesiegeln etc. gespeichert, die wir aus unterschiedlichen Quellen beziehen. So dürfen wir z.B. Informationen von Greenpeace und dem WWF nutzen, die dann vor allem für Umweltinformationen später wichtig werden.
Unsere Datenbank wird jede Nacht aktualisiert, dadurch können neue Produkte und Produktupdates sehr zeitnah berücksichtigt werden. Dadurch können wir eine größtmögliche Aktualität und Zuverlässigkeit unserer Lebensmittel-Daten gewährleisten. Der User muss mit uns also nicht mehr jede Produktverpackung im Supermarkt lesen und läuft nicht so leicht Gefahr aus Versehen etwas Falsches zu kaufen.
Wie seid Ihr finanziert?
Das Projekt ist weitgehend über Bootstrapping finanziert. Die Anschubfinanzierung erfolgte durch den SpeedUp! Europe Accelerator, ansonsten erfolgt eine Querfinanzierung über IT-Beratung, wo unser Geschäftsführer unterwegs ist. Spätestens wenn die erste Version unserer App im Sommer steht, wollen wir uns aber auch verstärkt um Fremdkapital bemühen, um schneller wachsen zu können.
Und wie sieht Euer Geschäftsmodell aus?
Unser Geschäftsmodell ist vielfältig. Zunächst ist da einmal Werbung, wobei wir aufgrund der anonymisierten Daten, die wir über unsere User haben, diese sehr zielgruppengenau ausspielen können. Es wird aber zukünftig auch kostenpflichtige Zusatzfunktionen in unserer App geben. Wir entwickeln und prüfen zudem verschiedene B2B-Konzepte auf Basis unserer Zutatendatenbank, für die wir viele Daten aufwendig selber recherchiert haben.
Wir sitzen da auf einem riesigen und einzigartigen Datenschatz und können aus jeder Zutatenliste Zusatzinformationen generieren und das weitgehend automatisch. Da ergeben sich verschiedene Ansatzpunkte….
Wieviele Menschen sind insgesamt in Deutschland von Lebensmittelunverträglichkeiten betroffen, und welches sind die größten Problemgruppen?
Grundsätzlich wollen immer mehr Menschen in Deutschland genau wissen, was in ihren Lebensmitteln drin ist, aus unterschiedlichsten Gründen. All diese Leute wollen wir ansprechen. Laut dem Ernährungsreport 2016 vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft wünschen sich 78 Prozent der Deutschen neutrale Informationen zum Thema Ernährung.
Was die Menschen mit Unverträglichkeiten angeht, so ist die Gruppe der Laktoseintoleranten wohl die Größte. Laut einer neuen Studie der Techniker Krankenkasse sind das etwa 7 Prozent der Bevölkerung. Insgesamt leiden 18 Prozent der Bevölkerung unter einer Unverträglichkeit. Allerdings ist laktosefreies Leben noch vergleichsweise einfach. Größeren Bedarf haben sicher Menschen mit einer Zöliakie. Und veganes und vegetarisches Leben ist auch schwer, wenn man sich tiefer damit beschäftigt, denn viele tierische Hilfsstoffe, die nur bei der Produktion verwendet werden, im Endprodukt aber nicht mehr zu finden sind, müssen nicht deklariert werden. Da recherchieren wir zum Beispiel sehr viel, was wirklich vegan ist und was nicht. Das ist teilweise sehr überraschend, wo überall tierische Stoffe verwendet werden. Etwa 2 Prozent der Deutschen lebt laut TK vegetarisch, etwa 1 Prozent vegan, Tendenz steigend.
Wer die Veröffentlichungen zu dem Thema in der letzten Zeit verfolgt, kann den Eindruck gewinnen, dass Lebensmittelunverträglichkeiten immer mehr zunehmen. Ist das wirklich so, und wenn ja, wo liegen die Ursachen?
Jein. Die Techniker Krankenkasse hat gerade festgestellt, dass die Zahl der Menschen, die an einer Nahrungsmittelunverträglichkeit leiden, in den letzten drei Jahren stabil geblieben ist. Die Berichterstattung hat aber sicher zugenommen und dadurch meinen auch immer mehr Leute an einer Unverträglichkeit zu leiden oder erkennen dies als mögliche Ursache für bestimmte Symptome und gehen zum Arzt.
Man muss feststellen, wenn man sich wie wir sehr viel mit den Inhaltsstoffelisten beschäftigt, dass immer mehr Zusatzstoffe, Geschmacksverstärker, etc. verwendet werden. Vielleicht führt das auch dazu, dass immer mehr Menschen empfindlich auf bestimmte Lebensmittel reagieren.
Definitiv wollen sich immer mehr Menschen bewusst ernähren und achten beim Einkauf auch auf Umwelt- und Gesundheitsfaktoren. Diese Leute wollen wir auch stark ansprechen.
Spezielle Intoleranzen bedingen darauf abgestimmte Ernährungsweisen, zum Beispiel glutenfreie Nahrungsmittel. Ist eine solche Diät grundsätzlich empfehlenswert oder kann sie im Gegenteil bei gesunden Menschen sogar schädlich sein?
Ich bin kein Arzt, aber wer eine diagnostizierte Unverträglichkeit hat, für den empfiehlt sich sicher eine strenge Diät.
Bei gesunden Menschen ist es sehr umstritten, ob eine glutenfreie Ernährung empfehlenswert ist oder nicht. Da wollen wir uns nicht festlegen, das sehen wir auch nicht als unsere Aufgabe. Wir versuchen mit foodnav nicht Menschen zu missionieren, sondern wollen die verschiedenen Quellen möglichst neutral darstellen. Wenn es zwei Meinungen zu einem Inhaltsstoff gibt, so sollen sie sich auch gleichwertig bei uns wieder finden. Der User soll sich selber eine Meinung bilden und dafür möglichst alle relevanten Informationen bekommen.
Wenn sich jemand freiwillig für glutenfreie, vegane, vegetarische Ernährung entscheidet, dann unterstützen wir ihn dabei, indem wir ihm alle nötigen Informationen dafür bereitstellen und ihm entsprechende Filtermöglichkeiten geben.
Wie sehen Eure Pläne für das Jahr 2017 aus?
Wir arbeiten gerade fleißig an unserer App, die nach derzeitigem Stand im Juni für Android auf den Markt kommen wird, etwas später dann auch für iOS. Die wird dann erst einmal die wichtigsten Unverträglichkeiten, sowie vegane und vegetarische Ernährung umfassen. Das wollen wir dann schnell stark ausbauen. Es werden zunächst Infos zu Palmöl und E-Stoffen hinzukommen, später werden dann immer mehr gesundheits- und umweltrelevante Daten erfasst werden. Mal schauen, wie weit wir damit bis Ende des Jahres kommen…
Wir suchen derzeit einen CTO und einen Business Developer, um die wollen wir unser Team definitiv zeitnah verstärken. Wie erwähnt geht es mit der ersten App-Version dann auch verstärkt an die Investoren-Suche. Und wir wollen in den nächsten Monaten auch verstärkt Modelle im B2B-Bereich entwickeln und dafür Pilotkunden gewinnen.
Dann wünschen wir Euch viel Erfolg, und vielen Dank für das Interview!
Spot on: Food & Health
Hamburg ist ein Food-Standort und optimaler Eintrittsmarkt für Lebensmittelhersteller aller Art. Über 10% der Hamburger Startups bei uns im Monitor sind der Lebensmittelbranche zuzuordnen, und es werden immer mehr. Sie setzen als Innovatoren neue Trends, entwickeln neue Produkte, Vertriebswege und Geschäftsmodelle.
Geschätzt verfügt das Hamburger Startup Ökosystem über mindestens 100 Food-, Beverage- oder Food-Tech-Startups. Ein invieler Hinsicht großes Thema! Daher werden sich unsere Redaktion und unser Eventmanagement dem Thema Food in den nächsten Monaten mit dem ‚Spot on: Food & Health Special‘ intensiv widmen! Bleibt also gespannt!
Teamfotos: foodnav
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!