OMR 2025 – so klappt das mit dem Marketing im KI-Zeitalter
Wenn Superstars wie Ryan Reynolds oder Dirk Nowitzki die Bühne der größten Halle betraten, die 7.000 Personen Platz bietet, wurde es voll beim OMR Festival 2025. Aber auch beim Programmklassiker „State of the German Internet“ waren wieder alle Plätze besetzt, als es darum ging, die wichtigsten Trends, Prognosen, Gewinner und Verlierer aus der Digitalwirtschaft zu präsentieren. Für alle, die nicht dabei sein konnten, fassen wir die wichtigsten Punkte zusammen.
Nicht nur Amerika gibt den Ton bei den Digitalunternehmen an
Auch wenn es laut Titel um das „deutsche Internet“ gehen soll, wirft OMR-Chef Philipp Westermeyer zunächst immer einen Blick auf die weltweit wichtigsten börsennotierten Tech-Unternehmen. In den USA sind das mittlerweile die „Magnificent 7“: Amazon, Apple, Google, Meta, Microsoft, Nvidia und Tesla. Mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 13,6 Billionen haben sie ihren Wert innerhalb der letzten zwölf Monate noch einmal um über eine Billion gesteigert, wobei natürlich die erratische US-Wirtschaftspolitik die Kurse phasenweise heftig schwanken ließ. Da kann selbst China nicht annähernd mithalten, allerdings hat die asiatische Weltmacht in einigen Zukunftsbranchen die Führungsposition übernommen. Bei den Elektroautos macht BYD inzwischen höhere Umsätze als Tesla, und bei Solarzellen, Batterien und Windturbinen ist China absolut marktbeherrschend.
Auch Europa muss sich nicht verstecken, wenn man über den Tellerrand der absoluten Börsenwerte blickt. Das schwedische Unternehmen Spotify ist Weltmarktführer im Bereich Musikstreaming, ähnlich gut aufgestellt sind die Fintechs Revolut (UK) und adyen (Niederlande). Auch Deutschland hat mit Flixbus und DeepL zwei Branchenprimusse zu bieten. Und SAP ist das viertwertvollste Softwareunternehmen weltweit. Es gibt also durchaus Gewinner in Deutschland. Womit wir beim nächsten Programmpunkt angelangt sind.

Granfluencer und Food-Startups gehören zu den Gewinnern…
Nach der allgemeinen Übersicht brachte Westermeyer konkrete Beispiele für die Gewinner und Verlierer des Jahres, wobei es weniger um einzelne Personen als um Trends ging. Zum Beispiel den Trend zu Grandfluencern, das sind Influencer, die Zielgruppen im Alter von mindestens 70 Jahren ansprechen. Die haben nämlich längst das Internet für sich entdeckt und sind zunehmend als Konsumenten von Produkten jenseits der Geriatrika interessant. Sicherlich interessieren sie sich auch für neue Food-Marken, die den Lebensmittelmarkt aufmischen. Genannt wurden unter anderem Koro, ESN und More, das mit einem großen Stand auf dem OMR Festival vertreten war. Übrigens: wer sich für Food-Trends interessiert, sollte das Food Innovation Camp am 23. Juni in der Handelskammer Hamburg nicht verpassen!

Krypto und Blockchain sind inzwischen nicht unbedingt Begriffe, die einem beim Stichwort „Gewinner“ sofort einfallen. Stablecoins gehören aber sehr wohl in diese Kategorie. Das sind digitale Währungen, die darauf ausgelegt sind, einen stabilen Wert zu halten, indem sie an zugrunde liegende Vermögenswerte gebunden sind, beispielsweise den US-Dollar. Schließlich hat das OMR-Team noch den klassischen Anzeigenverkauf auf der Gewinnerseite verbucht. Immer mehr Unternehmen machen Werbung, die darauf bisher verzichten konnten, und diese sind nun auf der Suche nach Fachkräften, die sich damit auskennen. Einer guter Karrieretipp also.
…und Promi-Testimonials zu den Verlierern des Jahres
Weniger gefragt sind dagegen Jobs in Search und damit Leute, die sich beruflich mit der Internetsuche beschäftigen. Eine LinkedIn-Recherche ergab, dass von 2022 auf 2024 die Nachfrage nach „Search Specialists“ um 83 % und die nach „Search Engine Optimizers“ sogar um 93 % zurückgegangen ist. Vielleicht hat sich auch einfach das Jobprofil verändert, aber dazu später mehr. Ebenfalls unter den Verlierern finden sich einige Promis, die Unternehmen eigentlich mehr Profit einbringen sollten. Beispiele sind der Fußballer Lionel Messi für die Bekleidungsfirma MGO Global und der Rapper Snoop Dogg für den Kaminhersteller Solo Stove. Tatsächlich stürzten die Börsenkurse nach dem Engagement der Stars drastisch ab. Celebrity Testimonials wirken also längst nicht immer. Ein weiterer Verlierer dürfte einigen OMR-Sponsoren gar nicht schmecken: Vor allen von jungen Leuten wird immer weniger Alkohol getrunken.
Raus aus dem Internet, rein ins wahre Leben
Seit einigen Jahren ist „State of the German Internet“ kein Soloprogramm von Westermeier mehr, den zweiten Teil übernahm wieder OMR-Chefredakteur Roland Eisenbrand. Er sprach über Marketingtrends, aus denen sich idealerweise nützliche Tipps für das Publikum ziehen lassen. Ein Trend trägt den Namen „In Real Life Marketing“ (IRLM). Hintergrund ist hier, dass immer mehr Menschen eine Internetmüdigkeit verspüren und sich digital ausklinken. Stichworte wie „enshittification“ oder „brain rot“ (siehe Beitragsbild) beschreiben diesen Zustand. Diese Zielgruppe muss man also im „wahren Leben“ ansprechen, beispielsweise über „Community Piggybanking“. Konkretes Beispiel: Laufen wird immer populärer, die Anmeldung für Marathons erreichen Rekordzahlen, überall entstehen Running Clubs.

Diese Communities sind nicht nur für Sportartikelhersteller interessant. Laufen wird assoziiert mit Gesundheit und Lifestyle, Produkte aus diesen Bereichen passen da entsprechend gut hinein. Und wie kommt man da ran? Am besten über Apps wie Strava, die 150 Millionen User erreicht. Ganz analog geht es also doch nicht. Ein weiterer Trend heißt „Product Staging“. Eisenbrand zeigte als Beispiel einen Clip mit dem neuen Thermomix, der wie eine Weltraumrakete präsentiert wurde. Gemeint sind also Produktinszenierungen, die pompös bis zur (bewussten?) Selbstironie geraten. Die stellt dann Taco Bell bei einem Live-Event einen Käsetaco vor, als wäre es ein neues iPhone. Ein paar Nummern kleiner kann das auch am Point of Sale, also im Supermarkt funktionieren.
Wie KI das Suchverhalten im Netz verändert
Um ein Thema kommt heutzutage kaum ein Vortrag herum: künstliche Intelligenz. KI verändert immer mehr unser Internetverhalten. Inzwischen bietet Google zu bestimmten Suchbegriffen schon KI-Zusammenfassung und erübrigt damit die weitere Recherche. Damit reagiert es auf die Tatsache, dass ChatGPT zunehmend als eine Art Suchmaschine genutzt wird. Die Marketingbranche muss sich darauf einstellen, das KI auch bei der Produktsuche immer wichtiger wird. Hier kommt die schon erwähnte Neudefinition der „Search Specialists“ ins Spiel. Künstliche Intelligenzen haben ihre Quellen, aus denen sie ihre Informationen beziehen und die entsprechend bespielt werden müssen. Eine Stichprobe von OMR ergab, dass der F.A.Z. Kaufkompass die höchste Trefferquote erzielte, das Testportal der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Es lohnt sich also, sich dort einmal für einen Produkttest zu bewerben. KI wird also die Marketingwelt nicht komplett über den Haufen werfen, es gilt nur zu lernen, die neuesten technischen Entwicklungen für sich zu nutzen. Wie in so vielen anderen Bereichen auch.