Sina Gritzuhn: Die STARTERiN verschafft Hamburgs großartigen Gründerinnen mehr Sichtbarkeit!
Noch bis zum 20. Mai läuft die Abstimmung für unseren Wettbewerb STARTERiN Hamburg 2021. Gesucht werden die besten Gründerinnen der Hansestadt in den Kategorien „Tech“, „Commerce“ und „Impact“. Im Interview spricht Sina Gritzuhn, Geschäftsführerin von Hamburg Startups und Initiatorin der STARTERiN, über die Ziele der Aktion und die Bedeutung von Frauen in der Startup-Welt.
Was hat dich dazu veranlasst, den Wettbewerb STARTERiN Hamburg 2021 ins Leben zu rufen?
Da möchte zunächst ganz kurz ein Blick zurück auf die Entstehungsgeschichte von Hamburg Startups werfen. 2013 war das. Damals war schon viel von Startups die Rede, die Aufmerksamkeit richtete sich aber fast ausschließlich auf Berlin. Dabei gab es auch zu der Zeit schon eine Menge vielversprechender und erfolgreicher Startups in Hamburg. Über die sprach nur kaum jemand. Das wollten wir mit Hamburg Startups ändern. Wir wollten für unsere Startups mehr Bekanntheit und Sichtbarkeit erreichen.
Ganz ähnlich verhält es sich beim Thema Gründerinnen. Immer wieder heißt es, es gebe nicht genug Entrepreneurinnen. Das ist grundsätzlich richtig, die Zahl an Frauen in den Führungsebenen auch bei Startups ist noch viel zu niedrig, da besteht noch ordentlich Nachholbedarf. Was nicht stimmt, dass es nicht schon viele erfolgreiche Gründerinnen gibt und damit Vorbilder für den weiblichen Nachwuchs. Das Manko ist auch hier wieder die geringe Sichtbarkeit. Viele Gründerinnen bleiben unter dem Aufmerksamkeitsradar, unerkannt von Medien und potenziellen Investoren und Kooperationspartnern. Mit der STARTERiN schaffen wir nun diese Aufmerksamkeit. Deshalb haben wir uns dafür entschieden, in den drei Kategorien „Tech“, „Commerce“ und „Impact“, jeweils eine zweistellige Zahl an Kandidatinnen – teilweise auch Duos oder Trios – zur Auswahl zu stellen. Damit verschaffen wir ein guten Überblick über die enorme Vielfalt an Gründerinnen und ihre Geschäftsmodelle.
Laut dem aktuellen Deutschen Startup Monitor liegt der Anteil der Gründerinnen nur bei knapp 16 %. War es da schwer, so viele Kandidatinnen zu finden?
Nein, überhaupt nicht, im Gegenteil! Wir haben im Vorfeld recherchiert, welche Gründerinnen wir in Hamburg kennen. Dazu kamen noch die Nominierungen der Mitglieder unseres Kuratoriums, das die Endauswahl getroffen hat, und Vorschläge unserer Leserinnen und Leser. Insgesamt kamen wir da auf rund 180 Namen. Einige davon sind schon deutlich länger dabei als die höchstens fünf Jahre, die bei der STARTERiN eine Teilnahmebedingung sind. Jedenfalls fiel uns die Auswahl wirklich schwer und es gibt noch viele weitere tolle Gründerinnen, die jetzt nicht im Rennen sind, aber trotzdem die volle Aufmerksamkeit verdient haben.
Wie groß er Anteil der Frauen in Gründungsteams wirklich ist, kann niemand mit letzter Gewissheit sagen. Er dürfte aber deutlich über dem genannten Wert von 16 % liegen. Niemand kennt die exakte Zahl der Gründerinnen und Startups insgesamt in Hamburg. Wir haben aber einige Jahre mit dem Monitor eine ziemlich verlässliche Datenquelle gehabt. Dort lag die Zahl der aktiven Startups immer im Bereich zwischen 600 und 700. Wenn ich alle genannten Daten zusammenfüge, komme ich auf einen Anteil von etwa 25 % Startups, die mindestens eine Gründerin im Team haben.
In welchen Branchen sind Gründerinnen besonders stark vertreten?
Das zieht sich eigentlich durch alle Branchen. Viele Startups lassen sich auch nicht nur einem Bereich zuordnen, es gibt zum Beispiel Geschäftsmodelle, die E-Commerce im Fokus haben, aber auch einen starken Tech-Bezug aufweisen. In letzter Zeit hat insgesamt das Thema „Impact“ enorm an Bedeutung gewonnen, der Wunsch, die Welt zu einem besseren, gerechteren Ort zu machen. Frauen fühlen sich davon offensichtlich besonders angesprochen. Etwa 30 % der von uns erfassten Gründerinnen passen in diese Kategorie. „Beauty“ und „Fashion“ spielen mit 6 % beziehungsweise 10 % eine deutlich geringere Rolle. Bei Food und E-Commerce kommen wir jeweils auf rund 15 %. Besonders erfreulich: 30 % der Startups mit mindestens einer Gründerin haben zumindest auch einen Tech-Bezug oder konzentrieren sich ganz auf technologische Lösungen. Das widerspricht dem Klischee, das Frauen vor solchen Themen eher zurückschrecken.
Was unterscheidet deiner Meinung nach Gründerinnen von Gründern?
Pauschalierungen sind natürlich immer mit Vorsicht zu genießen, aber ich würde schon sagen, das Frauen nachhaltiger agieren. Und das meine ich nicht nur im Sinne von ökologisch und sozial verträglicheren Geschäftsmodellen. Frauen bauen ihre Unternehmen nicht auf, um sie schnellstmöglich gewinnbringend zu verkaufen, sondern um etwas von bleibendem Wert zu schaffen. Etwas Nachhaltiges also. Skalierung und Gewinnmaximierung um jeden Preis sind da nicht die Ziele.
Diese behutsamere Vorgehen birgt langfristig eigentlich die besseren Erfolgschancen, wird allerdings von vielen Investoren nicht belohnt, die stark Exit-orientiert agieren. Das ist ein Grund dafür, das von Frauen gegründete Startups es immer noch deutlich schwerer haben, Investments zu bekommen. Da müssten alternative Finanzierungsmodelle geschaffen werden.
Welche Forderungen verbindest du mit der STARTERiN?
Wie gesagt, soll der Wettbewerb vor allem Sichtbarkeit für Gründerinnen und ihre Startups schaffen. Natürlich wünschen wir uns noch mehr Frauen in der Szene, wir haben aber keine politische Agenda und keinen Maßnahmenkatalog, den wir durchsetzen wollen. Wenn wir Denkanstöße und Inspiration liefern können, haben wir schon einiges erreicht. Wir behaupten auch nicht, dass Frauen alles besser können. Am besten sind definitiv gemischte Teams!
Was würdest du einer Frau raten, die überlegt zu gründen?
Mach es auf jeden Fall! Wie auch immer es ausgeht, es wird eine einmalige Erfahrung, die dir niemand mehr nehmen kann. Ganz wichtig: Verstecke dich nicht, gehe raus in die Welt und rede über deine Idee, traue dich buchstäblich rauf auf die Bühne, dich wird schon niemand auffressen. Nur so kannst du ein Netzwerk aufbauen, dich mit Gründerinnen und Gründern und anderen erfahrenen Leuten austauschen und von deren Erfolgen und Fehlschlägen lernen. Habe keine Angst, selber Fehler zu machen. Warte nicht so lange, bis dein Produkt vermeintlich perfekt ist. Zum Startup-Leben gehört dazu, deine Ideen immer wieder auf den Prüfstand zu stellen und flexibel für neue Wege zu sein. Es wird ein hartes Stück Arbeit – genieße es! Das gilt übrigens alles auch für Männer.
Beitragsbild: Rieka Anscheit