Taidalos kennt die Kunden seiner Kunden
Medien wird manchmal vorgeworfen, sie würden zu viele schlechte Nachrichten bringen. Genau mit diesen aber macht das Startup Taidalos sein Geschäft, und das für einen guten Zweck. Es erstellt nämlich Risikoanalysen unter anderem für Banken und setzt dabei künstliche Intelligenz für die Recherche und Auswertung ein.
Daidalos ist eine Figur aus der griechischen Mythologie, vor allem bekannt als Vater des Ikaros, der bei seinem Flug der Sonne zu nahe gekommen war und deshalb abstürzte. Die mit Wachs zusammengehaltenen Flügel hatte Daidalos entwickelt, der überhaupt ein großer Erfinder war. Erfinder wollte auch Julius Möller schon als Kind werden, inspiriert nicht zuletzt von seinem Großvater, der eine Holztrockenmaschine entwickelt hat. Bei der Namenssuche für sein Startup orientierte sich Julius aber an der Götterwelt und stieß dabei eben auf Daidalos. Er tauschte das „D“ gegen ein „T“ und heraus kam der Firmenname Taidalos. Dass darin die Abkürzung „AI“ versteckt ist, ist natürlich kein Zufall.
KI bringt Medienrecherche auf ein neues Level
Für die AI, also die künstliche Intelligenz zuständig ist Tim Backhaus, der andere Gründer von Taidalos. Er und Julius kennen sich schon einige Jahre durch ihre Arbeit für AML RightSource beziehungsweise dessen Tochterunternehmen Arachnys. Dort waren sie in einem Bereich tätig, in dem viel mit Abkürzungen und englischen Begriffen hantiert wird. „AML“ steht für „Anti-Money Laundering“ und bezieht sich auf Geldwäschebekämpfung. „KYC“ bedeutet „Know Your Customer“ und wird im Zusammenhang mit der Überprüfung von Kunden bezüglich ihrer Seriosität und Integrität verwendet, was beispielsweise im Finanzsektor üblich ist. Eine gängige Methode ist da das „Adverse Media Screening“, die Sichtung von Medienberichten über eine zu überprüfende Person.

In den Zeiten vor KI war diese Medienrecherche eine mühsame Angelegenheit, zudem mit dem Risiko behaftet, wesentliche Informationen zu übersehen. Durch den Aufstieg der neuen Technologie ergaben sich nun ganz neue Möglichkeiten, die steigende Nachfrage nach solchen Überprüfungen zu befriedigen. Das war zumindest die Überlegung, die zur Gründung von Taidalos führte, offiziell am 13. September 2024, ein Freitag und in diesem Fall ein Glückstag. Ausgestattet mit Tims KI-Expertise und Julius‘ betriebswirtschaftlichen Know-how, angereichert durch Programmierkenntnisse, stürzten sie sich in das Abenteuer Startup.
Taidalos spricht über 50 Sprachen
Nun ist die Nutzung von künstlicher Intelligenz längst alltäglich geworden, was kann also Taidalos, was beispielsweise ChatGPT nicht kann? Die Qualität einer KI-Recherche hängt nicht zuletzt von dem Prompt, also der Anfrage ab. Unterschiedliche Formulierungen können zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Bei Taidalos sind die Suchkriterien genau definiert und lassen sich gezielt auswählen. Bei den Quellen verzichtet das Startup grundsätzlich auf Posts in sozialen Medien und kann auch Satireseiten wie „Der Postillon“ von echten Nachrichtenmedien unterscheiden. Ein weiterer Vorteil ist die Multilingualität. Taidalos versteht über 50 Sprachen, kann also weltweit recherchieren und die Ergebnisse dann auch in der gewünschten Sprache liefern.
Dementsprechend hat sich Taidalos von Beginn an auf dem internationalen Markt platziert und inzwischen Kunden aus rund 100 Ländern gewinnen können. Darunter sind überraschend viele Einzelpersonen, die beispielsweise überprüfen wollen, ob negative Berichte über sie kursieren, die ihre Einreise in die USA erschweren könnten. Bezahlen müssen sie dafür momentan noch nicht, die ersten zehn Überprüfungen sind kostenlos. Bevor die Ergebnisse veröffentlich werden, schaut übrigens immer noch ein Mensch darüber – auch die schlaueste KI ist nicht fehlerlos.
Flexible Angebote für einen internationalen Markt
Für den Umsatz sollen vor allem Kunden sorgen, die regelmäßig Überprüfungen im großen Stil durchführen müssen. Dazu gehören Bank und Unternehmen, die ihre Lieferanten überprüfen. Sie können Pakete buchen, bei denen sich Umfang, Frequenz und Anzahl der Sprachen für die Reports individuell auswählen lassen. Alle Preise werden in US-Dollar angegeben, weil das international noch immer die gängigste Währung ist, aber selbstverständlich ist auch Zahlung in Euro möglich. Eine weitere wichtige Einnahmequelle ist die Partnerschaft mit Unternehmen, die ähnliche Aufgaben übernehmen wie Taidalos. Darunter sind Validato, spezialisiert auf die Integritätsprüfungen von (zukünftigen) Mitarbeitenden, und Legalian, eine Plattform für Geldwäscheprüfungen.
Bisher kommt das Zwei-Mann-Unternehmen ohne Investoren aus, und das soll auch so bleiben. Um in die Gewinnzone zu kommen, hat aktuell die Akquise von Großkunden Priorität, aber auch über eine Produkterweiterung wird schon nachgedacht. So könnte die Überprüfung von Lieferketten hinzukommen, wofür dann auch andere Quellen außer Onlinemedien ausgewertet würden. Regelwerke wie das Lieferkettengesetz, das zwar kürzlich verschoben, aber 2028 endgültig in Kraft treten soll, garantieren weiter steigende Nachfrage nach Integritätsprüfungen. Taidalos sieht sich da mit seiner KI gut aufgestellt, um auf diesem Markt ein Wörtchen mitreden zu können.
Foto: Taidalos