Mit Waterkant Touren auf alternativer Stadtrundfahrt
Kann ein Unternehmen, das Stadtrundfahrten durchführt, ein Startup sein? Fragt man das Team von Waterkant Touren, dann lautet die Antwort eindeutig „Ja“. Wir haben das überprüft und zu Recherchezwecken an einer Weihnachtstour teilgenommen.
In der prächtigen U-Bahn-Station HafenCity Universität ist viel Platz und meist wenig Betrieb. Wer dort mit einem Holzschild mit der Aufschrift „Waterkant Touren“ steht, fällt auf jeden Fall auf, und so hat sich die kleine Reisegruppe an diesem frühen Freitagabend schnell zusammengefunden. Dabei sind vier Ladies aus Hamburg, ein Paar aus Stuttgart und die Reiseleiterin Magdalena, die Frau mit dem Schild.
Vom Unternehmensberater zum Veranstalter von Stadtrundfahrten
Aus den Tiefen der U-Bahn-Station geht es hinauf zu dem Vehikel, mit dem wir in den nächsten zwei Stunden eine alternative Stadtrundfahrt unternehmen werden. Das zumindest ist das Werbeversprechen der 2014 ins Leben gerufenen Waterkant Touren. Der Wirtschaftsingenieur Steffen Körtje hatte damals nach sieben Jahren Prozess- und Unternehmensberatung Lust auf Veränderung und gründete zusammen mit einem Kumpel das Startup. Die Idee dafür holte er sich bei einem Aufenthalt in Portugal.
Es geht um Stadtrundfahrten abseits der üblichen Touristenrouten zu Orten, die auch alteingesessene Hamburger oft noch nicht kennen, die aber dennoch den typischen Charme der Hafenstadt versprühen. Und das alles in einem alten VW-Bus. Den ersten musste Steffen nicht erst anschaffen, als passionierter Surfer hatte er selbstverständlich schon einen. „Jolante“ heißt der schwarz lackierte Bulli und ist nach wie vor regelmäßig im Einsatz. Mittlerweile besteht die Flotte aus fünf Kleinbussen.
Mit Jette durch den Hafen und nach Wilhelmsburg
Der für die heutige Weihnachtstour eingesetzte Bulli nennt sich „Jette“ und ist natürlich zitronengelb. Los geht’s! Der Bus ist innen mit weihnachtlichem Flitter dekoriert, das Musikprogramm startet, wie könnte es anders sein, mit „Last Christmas“, und bevor alle ihre Sicherheitsgurte gefunden haben, steht auch schon der erste Stopp auf dem Programm. HafenCity Viewpoint heißt der orangene Aussichtsturm am Baakenhafen. Wer jemals den MLOVE Future City Campus besucht hat, wird mit ziemlicher Sicherheit daran vorbei gegangen sein.
Unsere Reisegruppe erklimmt die Stufen des Turms und genießt bei einen Becher Glühwein den Blick auf die HafenCity auf der einen und riesige Baustellen auf der anderen Seite. Diese Gegend Hamburgs ist in Teilen noch Brache. Ausgerechnet in diesem Niemandsland hatte Magdalena einmal eine Panne, wie sie erzählt. War aber nicht schlimm, genügend Getränke sind immer an Bord, und irgendwann ging es mit Taxis weiter.
Ein Bunker mit beeindruckenden Panoramablick
Heute bleibt die Fahrt störungsfrei und führt unter anderem vorbei an dem Gelände, auf dem beinahe das Olympiazentrum entstanden wäre, nach Wilhelmsburg. Wilhelmsburg ist Hamburgs größter Stadtteil, Deutschlands größte Flussinsel (nicht Europas, da gibt es größere) und selten das Ziel von Touristen. Selbst die meisten Hamburger aus der Nordhälfte der Stadt machen nur sehr zögerlich den Sprung über die Elbe. Deshalb ist der zweite Halt für viele sicherlich ein echter Geheimtipp: der Energiebunker.
Der ehemalige Flakbunker wurde 1947 von der britischen Armee im Innern völlig zerstört und blieb für mehr als 60 Jahre praktisch ungenutzt. Anlässlich der Internationalen Bauausstellung wurde er zum Vorzeigeobjekt für erneuerbare Energien umgebaut. Sichtbares Zeichen dafür sind die Solarzellen auf dem Dach und an einer Seite. Der Bunker selbst sieht schon beeindruckend aus, aber richtig spektakulär ist dann der Blick von der Dachterrasse. Wie ein Miniaturwunderland breitet sich halb Hamburg vor den Augen der Betrachter aus, zugleich gewaltig und ganz schön weit weg.
In München heißen Waterkant Touren „hey Minga“
Hier wäre man gerne noch länger geblieben, doch die Tour ist nur auf zwei Stunden angesetzt, und Magdalena hat noch viel zu erzählen. Sie macht das nebenberuflich, wie alle anderen inzwischen 22 Tourguides des Unternehmens. Seit der Gründung ist die Zahl kontinuierlich gewachsen, nicht zuletzt deshalb, weil Waterkant Touren seit Sommer 2017 auch in München unterwegs ist. Dort natürlich unter einem anderen Namen, hey Minga, aber an dem Konzept wurde nichts geändert: Stadtrundfahrten zu ungewöhnlichen Orten und individuelle Touren beispielsweise zum Junggesellinnenabschied.
Mittlerweile geht die Fahrt durch den fast menschenleeren Hafen, begleitet von heiteren Weihnachtsklassikern wie „Feliz Navidad“ und „Rudolf, the Red-Nosed Reindeer“. Sie setzen Kontrapunkte zu der in der Dunkelheit fast schon gespenstischen Kulisse, die Wände aus Containern und alte Lagerhallen bilden. Hier kommt kaum je ein Tourist vorbei, was sich über das vorletzte Ziel der kleinen Reise ganz bestimmt nicht sagen lässt. Das ist nämlich die Promenade bei den mittlerweile zwei Musicaltheatern in Steinwerder. Von hier aus hat man einen prächtigen Blick unter anderem auf die Landungsbrücken und die Elbphilharmonie. Was vom Energiebunker aus betrachtet noch ganz klein wirkte, erscheint hier imposant.
Wachstumspotenzial, wie es sich für ein Startup gehört
Ein letzter Glühwein noch, und das war es dann für heute. Endstation ist der Alte Elbtunnel, durch den die Teilnehmer an der Tour gut gelaunt zurück auf die andere Seite schlendern. Das hat Spaß gemacht, weshalb für Waterkant Tours bestimmt noch nicht Endstation ist. Stand 2017 gibt das Team, zu dem neben Steffen noch drei weitere fest angestellte Mitarbeiter gehören, annähernd 500.000 Euro Umsatz und insgesamt fast 8.000 Gäste an. Und da ist noch viel Luft nach oben, denn das Geschäft in München ist ja gerade erst angelaufen. Außerdem können alternative Stadtrundfahrten in allen Metropolen ihr Publikum finden. Ein typisches Startup-Kriterium, nämlich Wachstumspotenzial ist definitiv vorhanden. Unseren Test hat Waterkant Touren also in allen Punkten bestanden!
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!