So sieht die Zukunft für Social Entrepreurship in Hamburg aus
Beim ersten Social Entrepreneurship Forum gab es für sozial engagierte Gründerinnen und Gründer viele praktische Tipps und Inspirationen für ihre Unternehmen. So ging es unter anderem um nachrichtenlose Konten, Verantwortungseigentum als Rechtsform und die ewige Frage nach Finanzierungsmöglichkeiten. Die wichtigste Nachricht: Die Hamburger Allianz für Social Entrepreneurship wird von der Stadt auf jeden Fall bis 2030 gefördert.
So fördert Hamburg Social Entrepreneurship
Die Hamburger Allianz für Social Entrepreneurship, ein eingetragener Verein, wurde 2023 gegründet und ist Teil der Social-Entrepreneurship-Strategie Hamburgs. Offiziell an den Start ging sie im Februar 2024 und richtet sich mit Veranstaltungen, Beratungsangeboten und sektorübergreifender Vernetzung an gemeinwohlorientierte Startups und Initiativen. Das erste Social Entrepreneurship Forum in den Räumen der Körber-Stiftung, die Teil der Allianz ist, bot nun Gelegenheit, sich über den Stand der Dinge in Sachen soziales Unternehmertum in Hamburg zu informieren. Die angenehmste Aufgabe hatte dabei Lutz Birke, Amtsleiter Hafen und Innovation. Auf einem Panel konnte er verkünden, das der Verein bis zum Jahr 2030 mit Unterstützung durch die Stadt rechnen kann.

Damit ist die finanzielle Grundlage für die nächsten fünf Jahre geschaffen, eine Perspektive, von der viele Impact-Startups nur träumen können. Das Thema Finanzierung zog sich daher wie ein roter Faden durch weite Teile des Workshop- und Konferenz-Programms. Zumindest für die ersten Schritte bietet Hamburg da im bundesweiten Vergleich gute Zumindest für die ersten Schritte bietet Hamburg da im bundsweiten Vergleich gute Voraussetzungen. Für die Förderinitiative #UpdateHamburg können Projektskizzen noch bis zum 28. März eingereicht werden. Das InnoImpact-Programm der IFB Innovationsstarter GmbH unterstützt seit Herbst 2023 Sozialunternehmen mit bis zu 75.000 Euro. Für beide Programme stehen 2025 jeweils eine Million Euro zur Verfügung und ihre Fortsetzung ist ebenfalls gewährleistet.
Das leidige Thema Geld
Die echte Herausforderung beginnt dann, wenn die Anschubförderungen auslaufen und weiteres Geld für das Wachstum benötigt wird. Das gilt so für die allermeisten Startups, aber ganz besonders für den Bereich Social Entrepreneurship. Deutlich machen das Ergebnisse einer aktuellen Umfrage, an der 50 Organisationen – 43 Startups und sieben Intermediäre – aus der Hamburger Social Community teilgenommen haben. 88 % nannten den Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten als wesentliche Herausforderung. 14 % schätzten ihre finanzielle Situation als sehr prekär ein, 44 % als unsicher, immerhin 35 % als stabil, aber nur 7 % als gut. Zu dem Urteil „sehr gut“ konnte sich niemand durchringen.

Ein Grund dafür ist, dass Wagniskapital bevorzugt an Startups fließt, die eine Aussicht auf Rendite und im Idealfall einen lukrativen Exit, also Unternehmensverkauf, versprechen. Beim Social Entrepreneurship stehen diese Aspekte aber meist im Hintergrund, der Fokus liegt auf dem gesellschaftlichen Gewinn. Für manche Investorinnen und Investoren mag das durchaus ein Argument sein, doch auch sie wollen ihr Geld zumindest nicht verbrennen. Dessen müssen sich Impact-Startups bewusst sein und ein tragfähiges Geschäftsmodell und profunde Marktkenntnisse vorweisen können. Auch ein überzeugendes Team kann sich zu ihren Gunsten auswirken. Hilfreich ist auch eine Orientierung an öffentlichen Aufgaben. In der Verwaltung nimmt die Bereitschaft zu, mit Startups zu kooperieren, so zumindest der Tenor beim Social Entrepreneurship Forum.
Über nachrichtenlose Konten…
Vielleicht können auch nachrichtenlose Konten einen Weg aus der Finanzmisere weisen. Das sind Konten, deren Besitzer verschollen oder verstorben sind und bei denen auch Erben bisher keinen Anspruch gestellt haben. In Deutschland könnten bis zu 9 Milliarden Euro auf diese Weise brachliegen, genaue Zahlen kennt niemand. Deutschland ist der einzige G7-Staat, in dem der Umgang mit diesem Vermögen bisher nicht gesetzlich geregelt ist. Beim Forum wurde nun der Vorschlag präsentiert, das Geld für einen Fonds für Sozialunternehmen zu verwenden. Im UK gibt es das bereits seit einigen Jahren und hat Milliardeninvestments angestoßen. Einen ersten Reformvorschlag in diese Richtung gab es bereits 2019, ob und wann das hierzulande umgesetzt werden kann, ist völlig offen.
…und eine Unternehmensrechtsform in der Entstehung

Noch nicht offiziell per Gesetz festgelegt ist auch eine Rechtsform für Unternehmen in Verantwortungseigentum. Dort gilt das Prinzip, dass Gewinne vollständig im Unternehmen verbleiben müssen. Ausgeschlossen sind somit Finanzierungen, bei denen Unternehmensanteile abgegeben werden müssen oder ein Exit das Ziel ist. Das macht die Investorensuche nicht gerade leichter, trotzdem entscheiden sich immer mehr Sozialunternehmen für diesen Weg, auch wenn sie offiziell noch als GmbH firmieren. Beim Forum berichteten Piet Mahler von holi.social, Tim Lampe von WILDPLASTIC und Martin Grotzke von der inoio GmbH über ihre spezifischen Erfahrungen mit dem Modell, Carla Reuter von der Purpose Stiftung gab eine allgemeine Einschätzung. Ihr Fazit: Es ist kompliziert, doch als Belohnung warten unter anderem mehr Freiheit und eine stärkere Identifikation mit dem Unternehmen.
Idealismus spielt generell eine große Rolle bei Social Entrepreneurship, aber der wirtschaftliche Aspekt darf dabei nicht zu kurz kommen. Keine ganz neue Erkenntnis, die aber beim Social Entrepreneurship Forum noch einmal deutlich wurde. Darüber hinaus bot das Event viele hilfreiche Informationen und neue Kontakte und eine Stimmung, die Mut macht für die Zukunft des gemeinwohlorientierten Unternehmertums in Hamburg.