collectAI – Inkasso mit künstlicher Intelligenz
Künstliche Intelligenz ist ein viel genutzter Begriff heutzutage, aber passt er wirklich überall, wo er auftaucht? Das Startup collectAI trägt ihn als Kürzel schon im Namen (AI = Artificial Intelligence). Wir haben uns in den neuen Büros in der Hafencity mal umgeschaut und gefragt, was wirklich dahintersteckt.
Wenn ein Startup nur etwas mehr als ein Jahr nach seinem Geschäftsbeginn schon wieder umzieht, ist das ein gutes Zeichen. Bedeutet es doch in der Regel, dass ein größer gewordenes Team in den alten Räumen nicht mehr genug Platz hat. Genau das ist bei collectAI der Fall. Gestartet war man im Mai 2016 mit 15 Mitarbeitern, mittlerweile sind es über 30, und das Wachstum ist noch längst nicht abgeschlossen.
Die Idee entstand nach einer eigenen Erfahrung
Die neue Adresse von collectAI lautet Am Sandtorkai 50, die alte war Poststraße 12. Das ist der Standort von Liquid Labs, dem Company Builder der Otto Group. Kein Wunder, denn die Idee entstand, als Liquid Labs-Geschäftsführer Michael Backes 2015 nach einem längeren USA-Aufenthalt in seiner Post einen Inkassobrief fand, weil er über eine offene Rechnung nicht richtig informiert worden war. Das muss doch auch eleganter gehen, dachte er sich, digitaler vor allem. Und unter Einsatz künstlicher Intelligenz.
Wobei Mirko Krauel den Begriff gar nicht für optimal gewählt hält für das, was collectAI macht. „Smarte Algorithmen“ träfe es besser, meint der CEO des Startups. Mirko ist Banker und BWLer, der schon einige Erfahrungen im Ausland und in vielen Bankbereichen gemacht und sich dabei immer besonders für Innovationen interessiert hat. Dementsprechend musste er nicht lange überlegen, als er das Angebot bekam, beim Aufbau eines neuen Unternehmens dabei zu sein.
Startup-Geist, abgesichert durch ein Großunternehmen
collectAI bietet die Vorteile der kurzen Wege und schnellen Entscheidungen, die ein Startups auszeichnen, ohne sich mit dem sonst üblichen Hauptproblem herumschlagen zu müssen, nämlich dem der Finanzierung. Die ist durch Otto erstmal gesichert. Stattdessen können sich Mirko und sein Team ganz der Umsetzung und Optimierung der Idee widmen.
Die besteht hauptsächlich darin, Unternehmen das heikle Thema Forderungsmanagement. Oft wird da nach Schema F und mit dem Holzhammer vorgegangen, mit dem Ergebnis, dass einerseits zahlungsfähige und -willige Kunden unnötig verärgert werden. Andererseits lassen sich schwierigere Fälle mit den richtigen Methoden eher zum Zahlen bewegen als über den altmodischen Postweg. Mit E-Mails und über das Smartphone zum Beispiel.
Keine Anrufe nachts um drei
Bei diesen Kanälen lässt sich auch der ideale Zeitpunkt viel genauer aussteuern, etwa der Wochentag oder die Tageszeit. Die größte Aufmerksamkeit würde mit ziemlicher Sicherheit ein Anruf nachts um drei erzielen, aber auch die größte Verärgerung. Deshalb sind die Algorithmen so programmiert, dass sie solche Auswüchse vermeiden, genau wie inflationären Spam oder eine zu aggressive Sprache.
Auch der Datenschutz setzt gewisse Grenzen. Aus Standartinforationen wie Alter, Wohnort, Beruf und Geschlecht lassen sich aber gewisse Gewohnheiten und Verhaltensweisen ableiten, die passende Ansprachen beim Inkasso nahelegen. Erweisen sich diese dann als erfolgreich (oder auch nicht), fließt diese Erfahrung eigenständig in die Algorithmen ein. Entsprechend den Realitäten angepasst und verbessert werden dann sämtliche Vorgehensweisen bei der Kundenansprache. Das ist es, was man dann künstliche Intelligenz nennen kann.
collectAI bietet 20 Kunden umfassenden Service
Als es im Mai 2016 losging bei collecAI, war RatePAY der erste Kunde. Heute sind es insgesamt 20, überwiegend mittlere und große Unternehmen aus Branchen wie Energie, Finanzdienstleistungen und E-Commerce. Denen wird ein komplettes Paket angeboten, inklusive Rechnungsstellung und Mahnwesen. Inkasso ist da nur der letzte Schritt. Gerade durch den jeweiligen Bedürfnissen angepasste Bezahllösungen kann ein für alle Seiten unangenehmes Inkassoverfahren oft vermieden werden. Schließlich ist Kundenzufriedenheit oberstes Ziel.
Hamburg ist bisher keine Hochburg für künstliche Intelligenz, und überhaupt ist sie bisher nur für 2 % aller deutschen Unternehmen ein Thema. Mirko ist aber davon überzeugt, dass diese Technologie noch enorme Veränderungen in fast allen Branchen bewirken wird. Deshalb hat collectAI die Patenschaft für die Initiative Hamburg AI übernommen. Die ist Teil der Bewegung City AI, der sich weltweit 27 Metropolen angeschlossen haben.
Eine Initiative, um künstliche Intelligenz populärer zu machen
Die Initiative will Startups, Corporates und überhaupt alle an den lernenden Algorithmen Interessierten zusammenbringen. Die Auftaktveranstaltung kürzlich im Mindspace war sehr gut besucht, die nächste Ausgabe ist schon für den Frühherbst geplant. Ein schöner Erfolg auch für collectAI, das zwar international ausgerichtet ist, sich aber gern als echtes Hamburger Startup bezeichnet.
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