Das fordert der Deutsche Startup-Verband zur Bundestagswahl
Im aktuell äußerst kontrovers geführten Bundestagswahlkampf spielt das Thema Startups leider so gut wie keine Rolle. Der Bundesverband Deutsche Startups setzt dem eine Startup-Strategie 2.0 entgegen und hat dafür eine 8-Punkte-Katalog zusammengestellt. Die wichtigsten Forderungen daraus fassen wir in diesem Beitrag zusammen.
In der Pressemitteilung zu dem Strategiepapier heißt es: „2024 war in Deutschland eine positive Startup-Dynamik zu spüren. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Gründungen um 11 Prozent und die Startup-Finanzierung um 17 Prozent. Besonders im Bereich DeepTech – darunter KI, Hardware, Biotech und ClimateTech – gab es einen deutlichen Anstieg.“ Und Verena Pausder, Vorstandsvorsitzende des Startup-Verbands fügt hinzu: “Diese Entwicklungen zeigen, dass in Startups und Scaleups ein riesiges Potenzial steckt, um die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu stärken. Gerade die Chancen für Ausgründungen aus unserer Weltklasse-Forschung müssen wir besser nutzen”. Zur Erreichung dieses Ziels macht der Verband in Huinblick auf die Bundestagswahl folgende Vorschläge:
1. Mehr privates Kapital für mehr Wachstum mobilisieren
Startups und Scaleups benötigen Zugang zu hinreichend Kapital. Doch insbesondere in der kapitalintensiven Wachstumsphase mangelt es oft an ausreichend heimischem Kapital. In den meisten Fällen sind erfolgreiche deutsche Scaleups auf Kapital aus dem außereuropäischen Ausland angewiesen. Dadurch besteht die Gefahr von Wertschöpfungsverlusten bei uns. Wir brauchen gezielte Maßnahmen, die vor allem darauf ausgerichtet sind, mehr privates Kapital, insbesondere von institutionellen Investoren für Venture Capital und die Startup-Finanzierung zu mobilisieren.
Wenn mehr Kapitalsammelstellen, wie Versicherungen, Pensionskassen und Versorgungswerke, in Wagniskapitalinvestieren, steht Startups und Scaleups nicht nur mehr Geld für Wachstum zur Verfügung. Vielmehr schaffen wir damit auch in der Breite der Bevölkerung eine neue Teilhabe an dem wirtschaftlichen Erfolg von Wachstumsunternehmen. Der “Zukunftsfonds”, unter dessen Dach die wesentlichen Vehikel zur Startup-Finanzierung des Bundes gebündelt werden, muss selbst zukunftsfest gemacht werden und eine Perspektive über 2030 hinaus erhalten.
Attraktive Exit-Kanäle wie “Trade Sales” (Unternehmensverkäufe) und Börsengänge sind essenziell, um einen Finanzierungskreislauf dauerhaft sicherzustellen. Insbesondere Börsengänge müssen bei uns attraktiver werden, um Wertschöpfungsverluste zu vermeiden.
2. Die besten Talente der Welt nach Deutschland holen – und hier halten
Der Fachkräftemangel ist eine der größten Hürden für Innovation und Wachstum in Deutschland – für 60 Prozent der Startups und Scaleups zählt der Fachkräftemangel zu den größten Herausforderungen. Ohne die Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften werden wir das Problem nicht lösen. Deswegen brauchen wir eine echte Willkommenskultur, die den Namen verdient. Als erster Schritt sollten dafür sämtliche Visaprozesse schnellstmöglich vollständig digitalisiert und die entsprechenden Verfahren beschleunigt werden. Zudem sollte die Anerkennung ausländischer Abschlüsse vereinfacht werden: Dem Arbeitgeber sind dabei mehr Freiräume zu gewähren. Befristete Steuererleichterungen für neue Fachkräfte aus dem Ausland würden den Standort Deutschland zusätzlich attraktiver machen. Andere Länder in der EU machen uns das bereits vor. Darüber hinaus würde Englisch als zweite Amtssprache den Zugang zu Behörden erleichtern und Deutschland damit für internationale Fachkräfte attraktiver machen.
3. Startup-in-a-Day ermöglichen und bürokratische Hürden abbauen
Die Einführung eines „One-Stop-Shops“ für alle Antragsverfahren könnte den Gründungsprozess erheblich vereinfachen und den Weg für mehr unternehmerische Dynamik ebnen. Das bereits von der Bundesregierung selbst gesetzte Ziel „Startup in a Day“, also die Möglichkeit der Unternehmensgründung innerhalb von 24 Stunden, sollte endlich Wirklichkeit werden. Erleichterungen und Beschleunigungen beim Gründungsprozess können aber nur der Anfang sein: Die wirtschaftliche Entfaltung junger Unternehmen muss durch konsequenten Bürokratieabbau vorangetrieben werden. Beispielsweise sollten Arbeitszeiten flexibilisiert und der Umfang bestehender Notar- und Berichtspflichten auf den Prüfstand gestellt werden, um mehr Raum für unternehmerische Freiheit zu schaffen.

4. Digitale Transformation zur strategischen Priorität machen
Deutschland hinkt bei der Digitalisierung von staatlichen Dienstleistungen massiv hinterher. Wir fordern von der nächsten Bundesregierung, dass sie die Digitalisierung unserer Verwaltung zu einem ihrer Kernziele macht. Die Einführung eines Chief Digital Officers (CDO) im Bundeskanzleramt oder die Schaffung eines eigenständigen, schlagkräftigen Digitalministeriums wäre ein erster Schritt auf diesem Weg. Eine solche Institution muss die Digitalisierung und Verwaltungsmodernisierung zentral koordinieren und strategisch vorantreiben. Dabei sind umfangreiche Kompetenzen für den Erfolg genauso entscheidend wie ein eigenes Digital-Budget. Die Digitalisierung staatlicher Dienstleistungen kann nur gelingen, wenn klare und einheitliche Standards gesetzt sind. Die derzeitige Zersplitterung der Zuständigkeiten behindert das. Ein weiterer Treiber für eine leistungsstarke, digitale und bürgerfreundliche Verwaltung wäre, Digitalisierung als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern.
5. DeepTech fördern: Ausgründungen stärken, Skalierung ermöglichen
Gerade als rohstoffarmes Land sind wir auf die Erfindungen kluger Köpfe angewiesen. Startups sind der beste Weg, um aus Ideen und Innovationen schnell marktfähige Geschäftsmodelle zu machen. Daher sollten Ausgründungen als entscheidender Transferpfad aus der Forschung vereinfacht und beschleunigt werden. Dafür sind Anreize für Lehrende und Forschende erforderlich. Der begonnene Leuchtturmwettbewerb „Startup-Factories“ muss schnellstmöglich fortgesetzt und vollendet werden. Wir werben dafür, dass sich Hochschulen selbst verpflichten, mindestens 1 Prozent ihres Gesamtbudgets – einschließlich Drittmittel – ausschließlich für Ausgründungen zur Verfügung zu stellen. Die neue Bundesregierung sollte besonderen Fokus auf Zukunftstechnologien liegen, wie SpaceTech, Kernfusion, Quantencomputing oder Künstlicher Intelligenz. Der DeepTech and Climate Fonds (DTCF) sollte ausgeweitet werden, um den hohen Kapitalbedarf von DeepTech-Startups abzudecken. Bei der Finanzierung sind zudem DeepTech-spezifische Besonderheiten zu berücksichtigen: So ist die Finanzierung von First-of-a-Kind (FOAK) Produktionsstätten zu erleichtern. Dafür sind staatliche Garantien oder Bürgschaften erforderlich, um den Einsatz von privatem Kapital zu ermöglichen. Auch sollte der Staat bei Spitzentechnologien verstärkt als Käufer aktiv werden.
6. Öffentliche Vergabe erleichtern und den Staat zum Innovationsmotor machen
Die öffentliche Verwaltung sollte Startups stärker als Partner sehen, um selbst effizienter und bürgerfreundlicher zu werden. Bis 2030 sollten mindestens 5 Prozent aller öffentlichen Aufträge an Startups gehen. Mit ihren innovativen Ansätzen können Startups Verwaltungsprozesse modernisieren und dadurch die Leistungsfähigkeit von Administrationen erhöhen sowie letztlich das Vertrauen in staatliche Institutionen stärken. Startups muss daher der Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen erleichtert werden. Dafür muss das Vergaberecht deutschlandweit harmonisiert werden. Ein einheitliches, digitales Ausschreibungssystem könnte Hürden senken und Innovationen im öffentlichen Sektor vorantreiben.
7. Diversität als Erfolgsfaktor verstehen
Diversität ist ein Erfolgsfaktor und stärkt Innovationen. Wir müssen die Potenziale unserer Gesellschaft besser ausschöpfen. Bis 2030 sollten wir den Anteil an Startup-Gründerinnen bis auf 30 Prozent erhöhen. Das ist ein ambitioniertes Ziel, für das ein Bündel an Maßnahmen erforderlich ist: Unter anderem sollte der Mutterschutz auch für Selbständige ohne größere Aufwände ermöglicht werden. Weitere gezielte Maßnahmen, wie die stärkere Ausrichtung des Elterngelds auf die Bedürfnisse Selbstständiger und die Erhöhung der Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten, könnten hier einen Beitrag leisten.
8. Starke Startups brauchen ein starkes Europa
Einige der erforderlichen Weichenstellungen können nicht auf nationaler Ebene, sondern nur auf EU-Ebene vorgenommen werden: Die neue Bundesregierung sollte die Einführung einer europäischen Unternehmensform in Brüssel ebenso unterstützen wie die Anstrengungen zur Vertiefung der Kapitalmarktunion. Zudem muss die nächste Bundesregierung auf die konsequente Durchsetzung des Gesetzes über digitale Märkte (Digital Markets Act, DMA) hinwirken. Der Zugang zu hochwertigen aggregierten Daten ist dabei essenziell, insbesondere im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Darüber hinaus stehen viele Unternehmen bereits vor der Herausforderung, bestehende Regulierungen rechtskonform umzusetzen. Neue (Digital-) Rechtsakte der EU sollten daher vorerst unterbleiben, um den Unternehmen die notwendige Zeit und den Raum für die praktische Umsetzung zu geben. Zusätzliche Auflagen bei der nationalen Umsetzung von EU-Richtlinien, sollten grundsätzlich vermieden werden. In diesem Kontext kommt der schnellen Umsetzung der KI-Verordnung große Bedeutung zu.
Aus Gründen der Übersichtlichkeit handelt es sich hier um eine leicht gekürzte Version des 8-Punkte-Plan. Die Forderungen im vollen Wortlaut könnt ihr hier herunterladen.