Ktchn Labs – die digitale Kochschule
Theoretisch ist Kochen schwer angesagt, nur können es praktisch immer weniger Zeitgenossen. Da muss die moderne Technik doch helfen können, dachten sich die Gründer von Ktchn Labs, und machten sich an die Erfindung einer digitalen Kochschule. Erste Ergebnisse waren gerade bei einigen Tests zu schmecken. Hamburg Startups hat mitgefuttert für eine neue Folge der Serie „Spot on: Food & Health“.
Wer kochen will, muss zuerst jede Menge Schnippelarbeit hinter sich bringen; das ist an diesem Abend im Mai 2017 nicht anders. Auf dem Speiseplan steht vegetarische Paella, also gilt es, unter anderem Auberginen, Paprika und mittelscharfe Peperoni zu zerteilen, in Würfel, Streifen oder Ringe. Was genau zu tun ist, erklärt eine App, und zwar eine, die noch in keinem Onlinestore der Welt erhältlich ist.
Hier handelt es sich nämlich nicht um eine gewöhnliche Kochrunde unter Freunden, sondern um das Finale der Roadshow des Startups Ktchn Labs. An neun Abenden innerhalb von vier Wochen hatten zuvor Köche und -köchinnen im Alter von 21 bis 52 Jahren an einer Testreihe teilgenommen. Es gab jeweils Putencurry mit Mango, ein sogenanntes One-Pot-Gericht, bei dem alle Zutaten in einem Topf gegart werden. Klingt simpel, aber der Teufel steckt im Detail, denn entscheidend sind die richtige Temperatur und der Zeitpunkt, wann welche Zutat in den Topf gehört.
Das alles lässt sich leicht in einem Rezept aufschreiben, aber nicht ganz so einfach umsetzen. Hier kommt nun Ktchn Labs ins Spiel. Das Startup bietet nicht nur eine App mit der genauen Kochanleitung, sondern auch einen Sensor, der jederzeit die exakte Temperatur im Kopf misst und meldet, wenn es zu heiß oder zu kalt wird. Entwickelt haben dieses Konzept Jan Drescher und Christoph Engel.
Ein Gründerduo von zwei Hamburger Unis
Jan stammt aus der Südheide, kam 2010 zum BWL-Studium nach Hamburg, machte seinen Bachelor und arbeitete zweieinhalb Jahre für Goodgames und Olympus im Personalbereich. Seit Oktober studiert er wieder an der Uni Hamburg, Schwerpunkt Marketing, und plant seine Masterarbeit über Ktchn Labs zu schreiben. Christoph stammt aus der Nähe von Kiel, hat seinen Bachelor der Ingenieurswissenschaften in der Tasche und strebt den Master in Flugzeugsystemtechnik an der TU Hamburg an. Außerdem bescheinigt er sich einen Hang zu Nerdkram und hat sich eine Menge Programmierkenntnisse angeeignet.
Dank einer Zusammenarbeit ihrer beiden Unis hatten Jan und Christoph in gemeinsamen Kursen schon einiges über Entrepreneurship gelernt. Den letzten Kick, sich an einem eigenen Startup zu versuchen, bekamen sie beim UniPitch letzten November. Ums Kochen sollte es dabei auf jeden Fall gehen. Jan ist Bodybuilder und beschäftigt sich daher schon länger mit dem Thema Ernährung. Irgendwann hatte er es satt, immer nur Reis mit Huhn und Broccoli zu essen, und erweiterte seinen Rezepthorizont.
Ktchn Labs hat seine Geschäftsidee schon mehrfach optimiert
Die Ursprungsidee war es, Kochgeschirr mit eingebauten Sensoren zu entwickeln. Das erwies sich jedoch aus mehreren Gründen als unpraktikabel. Besser: Ein Sensor, der sich bei bereits vorhandenen Töpfen und Pfannen einsetzten lässt. Der nächste Richtungswechsel betraf die Zielgruppe. Anfangs war die App vor allem für anspruchsvolle Hobbyköche mit einiger Erfahrung konzipiert. Die lassen sich allerdings nur ungern in ihre Kochkunst hereinreden, wie das Gründerduo während der ersten Tests und Befragungen feststellen musste.
Anders Einsteiger, die bisher kaum mehr als Kaffee gekocht haben. Die lasen sich gern anleiten, und zwar bis ins Detail. So hat sich Ktchn Labs zu einem digitalen Kochkurs entwickelt, der einem neue Rezepte beibringt. Wie eben die eingangs erwähnte vegetarische Paella. Als Testköchinnen fungierten die schon Roadshow-erfahrenen Monika Stromecka (IT-Projektmanagerin) und Rebecca Jordan, die tagsüber in einem Vorstandssekretariat wichtige Aufgaben übernimmt.
Wenn die App klingelt
An diesem Abend haben die beiden inzwischen alle Zutaten vorbereitet. Jetzt starten sie auf einem Tablett die App, die ihnen ab sofort sagt, was zu tun ist. Das heißt, sie spricht nicht (vielleicht kommt das irgendwann in einer späteren Version), sondern verkündet per Signalton, wenn die nächste Zutat in den Topf muss. Genauere Informationen gibt es dazu in Textform, und Umrühren nicht vergessen! Außerdem gibt die App immer genaue Auskunft über die vom Sensor gemessene Temperatur im Topf und schlägt Alarm, wenn die zu stark von der Idealtemperatur abweicht, die sich übrigens im Laufe des Kochvorgangs ändert.
Bei manchen Herden lässt sich die Temperatur ziemlich genau regeln, bei anderen ist die einzige Lösung, den Topf vorübergehend von der Platte zu nehmen, wenn es zu heiß wird. Eine der vielen Erfahrungen, die Jan und Christoph während der Roadshow gemacht haben und die in die Weiterentwicklung der App geflossen sind. Auch heute gibt es wieder einiges zu notieren, wenn Monika und Rebecca über die Kochanleitungen diskutieren, etwa darüber, ob „Zitronen unterdrücken“ die optimale Formulierung sei, oder sich zum Abschluss, wenn das Gericht fertig ist, eine Siegerfanfare wünschen.
Nach der Roadshow geht es erst richtig los
Viele Details lassen sich sicherlich noch optimieren, aber das Grundprinzip steht inzwischen. Und jetzt geht es eigentlich erst richtig los mit vom Startup Dock der TU Hamburg unterstützten Ktchn Labs. Eine Datenbank mit einer vernünftigen Anzahl von Rezepten muss her, die zudem so flexibel sind, dass sie auch beim Austausch einzelner Zutaten funktionieren. Der Aufbau einer Koch-Community wäre toll, in der sich Kunden über ihre Kocherfahrungen austauschen können. Und dann steht natürlich die Geldfrage auf der Tagesordnungen: Investorensuche, Exist-Förderung und eine Crowdfunding-Kampagne Anfang 2018.
Das alles macht deutlich: App und Sensoren von Ktchn Lab sind noch nicht marktreif und werden es in näherer Zukunft auch nicht sein; potenzielle Käufer müssen sich noch gedulden. Dafür funktionieren sie schon recht gut. Die Paella mit Nüssen statt dem üblichen Getier jedenfalls war auf den Punkt zubereitet und hat köstlich geschmeckt. Und die unterdrückten Zitronen haben sich auch nicht beschwert.
Spot on: Food & Health
Hamburg ist ein Food-Standort und optimaler Eintrittsmarkt für Lebensmittelhersteller aller Art. Über 10% der Hamburger Startups bei uns im Monitor sind der Lebensmittelbranche zuzuordnen, und es werden immer mehr. Sie setzen als Innovatoren neue Trends, entwickeln neue Produkte, Vertriebswege und Geschäftsmodelle.
Geschätzt verfügt das Hamburger Startup Ökosystem über mindestens 100 Food-, Beverage- oder Food-Tech-Startups. Ein in vieler Hinsicht großes Thema! Daher haben sich unsere Redaktion und unser Eventmanagement dem Thema Food seit Monaten mit dem ‚Spot on: Food & Health Special‘ intensiv beschäftigt. Und der absolute Höhepunkt ist auch nicht mehr weit: das Food Innovation Camp am 17. Juli in der Handelskammer Hamburg. Diese Messe präsentiert die ganze Vielfalt der Food-Szene – auf keinen Fall verpassen!
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