NATIX sucht smarte Video-Lösungen für Corona-Probleme
Das Startup NATIX hat sich auf die dezentrale Datenverarbeitung in der Smart City spezialisiert und dabei vor allem auf die Analyse von Videoaufnahmen. Die Corona-Krise inspirierte das Hamburger Team dazu, mit seinem Know-how Lösungen für aktuelle Probleme zu finden. So kann es seine Software beispielsweise zur Kontrolle von Maskenpflicht und Mindestabstand einsetzen und sucht jetzt Partner für Pilotprojekte.
Wie NATIX Videodaten unter anderen für die smartere Planung von Mobilität in der Großstadt einsetzen will, haben wir erst vor wenigen Monaten in einem Beitrag geschildert. In der Zwischenzeit ist eine Menge passiert, auch bei dem Startup, das in nur ein paar Wochen neue Anwendungsmöglichkeiten auf Basis seiner Software entwickelt hat.
Seit dem 27. April herrscht in Hamburg bekanntlich Maskenpflicht unter anderem in öffentlichen Verkehrsmitteln, im Einzelhandel und auf Märkten. Auch an vielen Arbeitsplätzen ist eine Bedeckung von Mund und Nase vorgeschrieben. Ob diese Vorschrift eingehalten wird, kann bisher in letzter Konsequenz nur dafür abgestelltes Aufsichtspersonal feststellen. NATIX bietet jetzt eine Alternative mithilfe künstlicher Intelligenz (KI). Die KI erkennt, ob jemand eine Maske trägt oder nicht. Noch funktioniert sie nicht perfekt, bestimmte Farben oder Muster ähneln zu stark einem unverhüllten Gesicht. Wie jede gute KI lernt sie aber schnell dazu.
So funktioniert die Kontrolle der Maskenpflicht
Für die praktische Anwendung sind mehrere Varianten denkbar. Personen könnten beispielsweise per App die Aufforderung erhalten eine Maske zu tragen, wenn das an einem bestimmten Ort Pflicht ist und eine Kamera das Versäumnis feststellt. Das wäre eine Lösung für fest definierte Arbeitsplätze und setzt voraus, dass die Meldung nur an die betroffene Person geht und nicht etwa an den Arbeitgeber.
Im Einzelhandel kann NATIX den Türsteher ersetzen, der das korrekte Tragen der Maske kontrolliert. Die Software ist dabei auch in der Lage zu erkennen, ob die Nase bedeckt ist oder nicht. Ist das nicht der Fall oder fehlt die Maske ganz, würde auf einem dafür bereitgestellten Display ein Warnhinweis angezeigt. So vielleicht: „Achtung, ab hier herrscht Maskenpflicht. Bitte bedecken sie Mund und Nase!“. Alternativ könnte eine Meldung an die Geschäftsführung oder eine andere verantwortliche Instanz gehen, dass gerade eine unmaskierte Person den Laden betreten hat. Voraussetzung bei allen Anwendungen ist immer die größtmögliche Wahrung der Anonymität. So werden bei der Videoerfassung grundsätzlich die Gesichter unkenntlich gemacht und keine persönlichen Daten erhoben oder gar gespeichert.
Ein virtuelle Türsteher erfasst die Zahl der Kunden
Datenschutzrechtlich von vornherein weniger heikel ist eine weitere Türsteherfunktion, die NATIX übernehmen kann. Hier geht es schlicht darum zu zählen, wie viele Personen einen Laden betreten und verlassen. Viele Geschäfte lassen nur eine bestimmte Zahl an Kunden gleichzeitig zu und die Videoauswertung kann ermitteln, ob und wann dieser Wert erreicht ist. Je nachdem heißt es dann auf dem erwähnten Display „Bitte warten!“ oder „Hereinspaziert!“. Stammkunden könnten sich zudem über eine App informieren, ob ihr Lieblingsladen gerade Platz für sie hat oder eine längere Wartezeit beim Einlass zu befürchten ist.
Als vielleicht wichtigste Maßnahme gegen die Verbreitung von Covid-19 gilt die Einhaltung eines Mindestabstands von 1,5 Metern zu seinen Mitmenschen. Der Begriff „Social Distancing“ hat sich so stark in den allgemeinen Sprachgebrauch eingefügt, dass er ein Kandidat für die nächste Ausgabe des Dudens ist. Aber halten genug Menschen die notwendige Distanz ein? Auch das kann NATIX ermitteln. Befinden sich an einem Ort zu viele Personen auf zu kleinem Raum, schlägt die Software Alarm. Darstellen lässt sich das mit einer Art Heatmap, die nicht zeigt, wo es besonders heiß, sondern besonders dicht gedrängt hergeht.
NATIX sucht noch Partner für Pilotprojekte
Können die geschilderten Anwendungen wirklich bestmöglichen Schutz der Privatsphäre gewährleisten? Lassen sie sich in der Praxis zuverlässig einsetzen? Und besteht überhaupt Bedarf, sei es von staatlicher oder privatwirtschaftlicher Seite? All das muss sich noch herausstellen, denn NATIX steht erst ganz am Anfang. Es gibt Kontakte zu einem Coworking Space und einer Bäckereikette, aber noch kein umgesetztes Pilotprojekt. Die Suche nach einem Partner steht daher im Vordergrund, Gewinnstreben momentan eher nicht. Der kommerzielle Erfolg könnte später kommen, nach der Krise, denn das Team von NATIX hofft, dass sich vieles, was es jetzt entwickelt, in abgewandelter Form auch in einem dann wieder weniger komplizierten Alltag einsetzen lässt.